E081 Der das Gras wachsen hört . . . Beschichtung und Dicke

Die "GscheidHaferl" <bayerischer Ausdruck> wachsen auch bei den Hobby-Astronomen immer wieder nach. So konfrontierte unlängst
ein Sternfreund einen  bekannten Spiegelschleifer mit der Frage, warum man von von der Rückseite eines Spiegels eine Lichtquelle
sehen könne. Und weil manche Zeitgenossen ja wirklich seltsam drauf sind, machte dieser Experte flugs ein negatives Qualitäts-
kriterium daraus: Die Beschichtung sei fehlerhaft, mangelhaft - und was diesem Freund noch alles eingefallen ist.

Gehen wir also dieser Frage in aller Gemütlichkeit nach:

Blattgold, seit Jahrhunderten/Jahrtausenden in Verwendung, überzieht die vergoldeten Gegenstände mit einem edlen Glanz, und wer
einmal kurz zu Test-Zwecken damit arbeitet, bringt es hernach nicht mehr vom Fingernagel herunter. Gerade als hätte man diesen mit
einem Lack überzogen. Hergestellt wird Blattgold in Schwabach bei Nürnberg. http://www.blattgold-rupprecht.de/  Dort kann man
sich ein dünnes Heftchen besorgen. Und dort erfährt man auch, auf welche Dicke das massive Gold "geschlagen" wird:

Die Blattstärke von Blattgold beträgt zwischen 1/7000 und 1/8000 Millimeter. Das ist der siebente Teil eines Mikrons oder 0,000142857 0
Millimeter oder 0,14 my. 
(Der Durchmesser eines Haares beträgt ca. 70 my und ist somit 500 mal so dick.)
http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/geld-und-leben/geld-leben-goldschlaeger-100.html

Eine mit Blattgold belegte Figur - es ist im Übrigen eine hohe Kunst - wird man kaum von der Rückseite her daraufhin untersuchen können,
wieviel des Lichtes durch diese 0.3 Mikron bis 0.8 Mikron durchschimmern würde. Leider! (Denn besagter Astronomikus schließt ja messer-
scharf, daß das durchschimmernde Licht beim reflektierten Licht fehlt. Eine Gemeinheit aber auch!

Beschich_01.jpg
-
Unter dem Mikroskop erscheint obige Blattgold-Folie im Durchlicht weit transparenter, als das bei Draufsicht oben vermuten läßt. Das wird auch bei Aluminium
nicht anders sein. Wesentlich ist die gleichmäßige Schicht-Dicke über die gesamte Fläche, da sonst die Optik verändert werden würde. Bei den dunklen "Adern"
liegt die Folie vermutlich zwei- oder drei-fach.



Wäre also dieses dünne Blattgold für die Beschichtung verwendet worden - vom optischen Durcheinander einmal abgesehen - dann wäre das fatal für die Reflektivität, so
man es von der Rückseite betrachtet bei einer Dicke von vermutlich 0.3 Mikron. Wobei ich auch schon einen 80 cm Spiegel mit einer Goldbeschichtung vermessen habe.
Und von hinten betrachtet, konnte man sehr gut durch die Beschichtung durchsehen.
Das folgende Bild läßt die Lichtquelle gut erkennen: Eine LED-Lichtquelle. Damit ist immerhin soviel klar, daß Beschichtungen dicker sind als ein Blattgold Leave.

Beschich_02.jpg
-
Und nun untersuchen wir drei Spiegel unterschiedlicher Hersteller, unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Rückseite. Den Lichtenknecker Newtonspiegel habe
ich nun schon seit 40 Jahren und mehr.

Beschich_03.jpg
-
Der mit Hilux beschichtete 8" Orion Optics Newton-Spiegel hat eine blanke Rückseite und die verwendete Lichtquelle erkennt man gut von hinten. Aber sehr viel
weniger , als beim Beispiel Blattgold. Also muß die Beschichtung dichter sein bzw. eventuell auch dicker als 0.3 Mikron. Messen kann ich das zunächst nicht.

Beschich_04.jpg
-
Der Lichtenknecker-Spiegel ist hinten matt geschliffen. Also hilft ein Tropfen Waffen-Öl, der diese Rückseite transparent machen kann. Auch hier erkennt man wieder
die Lichtquelle. Die Dicke der Beschichtung sollte ebenfalls dicker als die des Blattgoldes sein.

Beschich_05.jpg
-
Beim dritten Beispiel "bremst" die matte Rückseite ebenfalls den Lichtschimmer. Auch hier half ein Tropfen Waffen-Öl. Auch hier ist der Licht-Durchlass erheblich
geringer als beim Blattgold-Film. Man weiß beim Blattgold, daß bei der Außen-Vergoldung die Schichtdicke etwa bei 1 Mikron liegen sollte. Mehr
wird eine Spiegel-Bedampfung auch nicht auftragen, läßt sich vermuten. Zumal die Schichtdicke gleichmäßig aufgetragen werden muß, damit
man die opt. Qualität des Spiegels nicht beeinflußt.


Beschich_06.jpg
-

Derartigen astronomischen Geistern wäre zu empfehlen, diese Vermutung mal gründlich wissenschaftlich zu erforschen, bevor sie mit unsäglichen
Vermutungen die Szene verrückt machen - während andere genau mit solchen Hilux verspiegelten Systemen die allerschönsten Beobachtungen
oder Fotos machen.

 

Kommentare   

# Werner 2014-12-13 16:09
So sieht es bei mir auch aus, also ganz normal.
Gold ist 0,14 my das sind 140 nm. Die ALU Schicht ist
normalerweise um die 100 nm dick.

Bei meinem dielectrischen Fangspiegel mit 98% geht null Licht durch,
das bestätigt die 98%.
Antworten
# Alko 2021-04-04 21:06
Na ja, 94% Reflexion bedeutet 6% Absorption. Hört sich erstmal wenig an. Rein fotografisch bedeutet es aber Durchlasshelligkeit von 4 Blendenstufen unter der Quellenhelligkeit. Das kommt bestimmt mit dem beobachteteten Ergebnis hin.
Antworten