B086A ISTAR 180-1440 Für visuellen Einsatz oder für Astro-Fotografie ? - 01.Jan.2015
Dieser Bericht versucht lediglich möglichst exakt die optischen Eigenschaften dieses Doublet zu ermitteln, um anschließend die
Frage zu beantworten, wofür dieses Objektiv am besten bzw. sinnvollsten einzusetzen ist. Da es mir ausschließlich um Information
in diesem Zusammenhang geht, antworte ich prinzipiell N I C H T auf Forenbeiträge, die fast immer ganz andere Ziele verfolgen.
Es geht nur und auschließlich um dieses eine individuelle Objektiv mit der Nummer: SN130079 .
http://rohr.aiax.de/SUW_2005_10_S072.pdf http://rohr.aiax.de/SUW_2005_12_S076.pdf A025 - Kap 01 Farblängsfehler bei Refraktoren
Es ist in jedem Fall ein Achromat, ein Zweilinser also, aber kein ED-APO bzw. Halb-APO, noch sonst ein relativ farbreiner Achromat.
Es mag wohl der günstige Preis für den schmalen Geldbeutel sein, wenn man sich ein solches Objektiv kauft. Interessant wird die
Sache erst, wenn man zugleich schmalbandige Interferenz-Filter benutzt. Im vorliegenden Fall bei H-Alpha mit 656.3 nm wave, dann
schneidet man besonders das kürzere Spektrum ab, dessen Fokus ca. 1.3 mm vor dem roten Fokus, also kürzer liegt. Anders argumentiert
würde man bei visueller Benutzung das rote Spektrum kaum sehen, wie diese Übersicht zeigt: http://rohr.aiax.de/@Muster_Curve.png
Bei Mond und anderen hellen Objekten trifft dies jedoch weniger zu.
Die Qualitäts-Angaben auf der herstellerseitigen Webseite, oder die begeisterten Foren-Beiträge von Usern sind eher anzuzweifeln,
weil sie entweder nicht stimmen, oder viel zu undifferenziert der Frage aus dem Weg gehen, wofür man dieses FH-Objektiv denn
nun wirklich gut verwenden kann. Typisch für derartige Meinungsäußerungen ist die fehlende eindeutige Dokumentation der opt.
Merkmale. Das soll in diesem Bericht nachgeholt werden und über spätere Astro-Fotos bewiesen werden.
E029 -Test-Anordnungen astronomischer Optiken
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Der Hersteller Istar Optical ist seit ca. 5 Jahren "im Geschäft", so verrät es seine Webseite. Dazu gibt es diesen früheren Bericht:
B086 FH ISTAR Teleskopes Perseus AT 150-10, 6-inch FH 150-1500 Refraktoren im Vergleich vom 1.Aug.2013
Bei diesem günstigen Preis darf man wohl keine exakte Zentrierung erwarten, wie der Artificial Sky Test bei 800-facher Ver-
größerung bereits zeigt. Auch ein leichter Astigmatismus wäre kein Argument für eine visuelle Benutzung, während diese
Fehler bei der Astro-Fotografie weitest gehend in der geringeren pixel-bedingten Auflösung des Kamera-Sensors verschwinden.
Auflösung Formel/550 nm wave = 0.768 arcsec ; Auflösung KameraSensor: invTAN(18µ/1440) = 2.580 arcsec
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Im Vergleich zu früheren Hersteller-Angaben findet man für dieses Objektiv weitere Qualitäts-Merkmale, die man besser weggelassen
hätte. Bei der Strehlangabe sollte man mindestens auch die Wellenlänge angeben, wobei ein "Average Strehl" keine sinnvolle Information
abliefert. Auch der PV-Wert ist im vorliegenden Fall nicht zu halten: Weder im grünen noch roten Spektrum, weil eben auch
die Zentrierung nicht ganz stimmt. Für die Feld-Fotografie ist die Abbildung im Bildfeld das entscheidende Kriterium, und genau
das wird über Qualitäts-Angaben auf der opt. Achse nicht dargestellt. Hier stehen die sog. "Strehlis" auf verlorenem Posten.
Aus dem Lager der Poly-Strehl-Anhänger, die sich einseitig auf das Design und seine Ergebnisse beziehen, gibt es Strehl-Wellen-
längen Tabellen, wobei sich der jeweilige Strehl einseitig auf den Fokus-Punkt/Farbe bezieht. Das ist aber in zweifacher
Weise nicht die Realität: a) Für gewöhnlich wird auf die Farbe "scharf" fokussiert, bei der die Abbildung aller Spektral-Farben dem
Auge am "schärfsten" erscheint. b) zwischen Design und Herstellung klafft oft ein großer Unterschied, weil Astigmatismus,
Koma und Spherical beim aktuellen Objektiv die Strehlwerte erheblich mindern und sofort die Frage auftaucht, wie behandelt
man diese Fehler, wenn man über den idealisierten Poly-Strehl Optiken miteinander vergleichen möchte.
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Als qualitativer Übersichts-Test liefert der Artificial Sky Test bereits alle Restfehler ab: Also sowohl eine leichte Dezentrierung, Koma genannt,
und Astigmatismus, wie das kreuz-Förmige Fokus-Bild andeutet. Aber - und das ist die gute Nachricht - genau diese Fehler verschwinden in der
Auflösung der 3x3 Pixel des Sensors, die man immer braucht, um einen ganz feinen Stern überhaupt abzubilden. Man sollte aber unbedingt nur
eine Wellenlänge verwenden, entweder Rot oder Grün, sonst würde der Farblängsfehler erheblich stören: Blau bis Grün liegen zwar dicht beiein-
ander, aber der fokale Abstand von Rot mit 1.3 mm wirkt sich bereits deutlich aus, da hätte man ein deutliches rotes Halo, wie im folgenden Bild
oben rechts erkennbar, wenn man auf Grün fokussiert.
Bei einer visuellen Verwendung kann man kann lediglich argumentieren, daß das rote Spektrum in der Nacht kaum wahrgenommen wird. Für diesen
Fall sollte aber das Objektiv frei von Astigmatismus und Koma sein und auf Grün bzw. Blaugrün optimiert sein. http://rohr.aiax.de/@Muster_Curve.png
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Für die Untersuchung der Farbsituation leistet der Bath-Interferometer + enge Interferenz-Filter gute Dienste. Erfreulicherweise ist der
farbabhängige Öffnungs-Fehler (Gaußfehler) weit weniger ausgeprägt als bei manchen F/8 ED APO's
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http://rohr.aiax.de/foucault-bilder.jpg Sowohl die Farbsäume beim Sterntest, aber auch die Foucault-Bilder zeigen, wo man dieses FH-Objektiv
hinsichtlich Farbreinheit einsortieren muß. Je klarer beim Foucault-Test - wie in diesem Fall - die Farbaufteilung zwischen Rot und Grün zu sehen
ist, umso weniger farbrein ist der Zweilinser, was die RC_Indexzahl von 10.579 bestätigt. Visuell wird man deshalb weniger Freude an dieser Optik
haben, wie der Sterntesst bei 320-facher Vergrößerung beweist. Erst mit einem engen Grünfilter läßt sich der Fokus bei Grün besser darstellen, er
wird also nicht von Rot überstrahlt, dessen Fokus um 1.3 mm weiter hinten liegt. http://homepage3.nifty.com/cz_telesco/refracter_test.htm
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Bei dieser Darstellung wurde zunächst auf Grün, dann auf Rot fokussiert, was für die Auswertung besser ist. Da aber immer die Power
deaktiviert ist, läßt sich das folgende I_Gramm ebenfalls auswerten. Es ist nur weniger anschaulich.
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Dieser Vergleich dokumentiert hingegen den Farblängefehler mit Grün als Hauptfarbe und Fokus-Punkt. Auch hier kann man den
enormen Abstand zu Rot mit +1.3 mm erkennen. Über enge Farb-Filter läßt sich dies aber beseitigen - gut für die Astro-Fotografie. Da
Blau nahe bei Grün liegt, wäre auch dieser Spektral-Bereich interessant, wenn man das Rot absperren kann.
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Würde man nun bei 546.1 also Grün also e-Linie Astigmatismus und Koma beseitigt haben, dann verbliebe mit dem Öffnungsfehler
ein Strehl von 0.965 bei einem PV-Wert von L/6.2, und das wäre dann der Bereich der auf der Webseite versprochen wurde. Schlecht
für die visuelle Beobachtung, ausreichend gut für die Astrofotografie.
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Die Energie-Verteilung, auch PSF genannt, mindert damit das Maximum, vergrößert also das Sternscheibchen, aber immer noch völlig
ausreichend für die Astrofotografie, sie solche Fehler "schluckt".
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Würde man Koma und Rest-Astigmatismus beseitigen können, wäre dieses Objektiv auch visuell mit FarbFiltern interessant.
Jedenfalls wären diese Objektive transport-stabil, wie beispielsweise die Hochleistunges-Optiken von LZOS. Das Argument, daß
der Transport den Fraunhofer regelrecht ruiniert hätte, ist wenig stichhaltig, weil Astigmatismus ein Lagerungs-Problem in der
Fassung, und Koma ein Verkippungs-Problem der beiden Linsen zueinander ist, weil bei der Herstellung zu wenig Sorgfalt ver-
wendet wurde. Und beim Öffnungsfehler hätte man ein Abstands-Problem der Linsen zueinander - und da beginnt dann der Preis-
Kampf: Qualitätsverlust gegen Sorgfalt.
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Das Optimum hinsichtlich Sphärischer Aberration liegt also im roten Spektrum. Und das ist gut für die Astro-Fotografie.
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Auch der Vergleich mit der Energie-Verteilung/PSF zeigt diesen Sachverhalt.
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Selbst wenn man die Zentrierung/Koma optimiert, also deaktiviert, wäre der Strehl 0.829 und PV L/3.2, also immer noch nicht ganz
die versprochenen Minimum Surface Quality der oberen Hersteller-Angaben. Da stört hauptsächlich der Rest-Astigmatismus mit
PV L/3.4, vermutlich ein Problem der Fassung.
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Diesem Bericht folgt ein zweiter Teil:
Mit Astro-Aufnahmen soll bewiesen werden, wie gut sich trotz dieser Mängel ein derartiges Objektiv mit engen Filtern und dem 0.75x Riccardi-
Reducer dennoch verwenden läßt. Die Astro-Aufnahmen müssen aber witterungsbedingt erst noch erstellt werden. Der Sternfreund, in dessen
Besitz diese Optik ist, wollte verständlicherweise vorher wissen, ob sich die weiteren Investitionen hin zu einer "Astro-Kamera" auch lohnen.
Man muß also differenzierter der Frage nach gehen, für welche Anwendung eine Optik eigentlich benutzt werden soll.
Kommentare
Danke für die Auswertung!
Die Firma Istar habe ich mit diesem Testberich konfrontiert. Ich warte nun auf Antwort, wie weiter vorgegangen wird.
Stefan
http://r2.astro-foren.com/index.php/de/bildergalerie
und da stellt sich immer die Frage, wie genau muß eine "Astro-Kamera" eigentlich sein.
Bin gerade am Zurückschicken, alle Kosten werden ersetzt.
Das Interesse an jeglichen Bauprojekten ist jetzt erloschen.
Ich erwarte nun jeden Augenblick die Rückerstattung.
Dann ist das Thema Astrofotografie für mich abgeschlossen.
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