Aktuelle Seite: Startseite > Schwerpunkt > Berichte > 06 Messtechnik - Teil 2/Aufbau diverser Interferometer > F207 * Transfer Restchromasie Test
Der Restchromasie-Test
Augenblicklich gibt es eine Foren-Diskussion, wie der von mir bei einem 80/560 Apo gemessene Farblängsfehler von 0.3mm über drei Objektive zu würdigen
sei. Da ich mich aus einer Würdigung meine Meßergebnisse grundsätzlich heraushalten muss (da sind Händler, Kunden und Designer gefragt - hoffentlich wird
der einschlägige Artikel bald veröffentlicht, auf dessen Formeln mein W-Wert beruht. Um aber die Entstehung meiner Daten transparenter zu machen, hier ein
Bericht, wie sie entstehen. Jeder kann diese Messungen nachvollziehen, und zwar bereits über den Sterntest, der hier angefügt wurde.
Man erkennt es hoffentlich wieder, mein TMB Apo 100/800, Referenz-Optik für diese Art Diskussion, sehr farbrein, ähnlich gut wie der Takahashi 102/820,
nur die Lage der Spektral-Farben ist anders.
Eine der interessantesten Eigenschaften des Bath-Interferometers ist die Tatsache, daß er mit normalem Weißlicht ebenfalls funktioniert, weil er nämlich
keine Kohärenzlänge braucht, wie andere Interferometer. Damit hat man die Möglichkeit, im gesamten Spektrum des sichtbaren Lichtes zu messen mit
einer hohen Genauigkeit, wenn man sich weiter unten die techn. Daten von Melles Griot einmal anschaut. Die Anordnung der Komponenten ist analog der
üblichen Anordnung: Als Lichtquelle dient ein 0.4 mm Pinhole im Fokus eines ca. 120 mm kleinen Achromaten, der ein ziemlich genaues Parallel-Bündel
draus macht mit einer Blende von ca. 4 mm, damit die kleine Bikonvex-Linse gut ausgeleuchtet wird. Linse mit Blende sitzt im Klötzchen mit dem blauen
Klebeband. Dahinter Platz für die kleinen Interferenzfilter, die aus opt. Gründen im parallelen Strahlgang stehen müssen. Alles übrige entspricht der
üblichen Anordnung.
Damit auch die Toleranz der verwendeten Interferenzfilter eindeutig ist, das Datenblatt von Melles Griot. Der kleine 12 mm im Durchmesser Filter ist ungef-
asst, weshalb man auf ihn sorgfältig aufpassen sollte.
Damit auch der Farbeindruck der verwendeten Filter erkennbar ist, sei dieses Foto angefügt.
Ein weiteres Detail ist die Mikrometerschraube des Koordinaten-Tisches mit den üblichen 0.01 mm Teilerstrichen und einer Ablesegenauigkeit von min-
destens 0.005 mm und besser. Bei der exakten Vermessung sollte man den "toten" Gang der Gewindespindel in der Weise berücksichtigen, indem man mit
der kürzestens Schnittweite beginnt, beim TMB diesmal Rot, weil dann die Spindel niemals zurück, sondern immer nur in einer Richtung weitergedreht wird.
Also in diesem Fall nacheinander: Rot, Gelb, Grün und Blau. Der Meßbereich von 25 mm ist für diesen Fall ausreichend, (wenn man es übertreiben will, könnte
man auch eine 0.001 mm Meßuhr benutzen, was aber gar nicht erforderlich ist.)
Nun habe ich absichtsvoll vor einigen Tagen das mit ZEMAX gezeichnete Diagramm der chromatischen Aberration unter dem Aspekt des Farblängsfehlers ver-
messen mit einem W_gesamt-Wert von 0.4578. Aus der Differenz zum aktuell vermessenen besseren Wert von W_gesamt von 0.2976 und der anderen Lage
der Farben, mag man erkennen, daß die Diagramm-Darstellung die Wirklichkeit nicht gut reproduziert. Anders als im Diagramm fällt nicht die F-Linie (blau)
am kürzesten sondern bei der Messung die C-Linie (rot) Betrachtet man aber die Ergebnisse dann ist das TMB Apo in der Praxis besser als im gerechneten Design,
wobei man beachten muß, daß im Diagramm von der Brennweiten-Differenz ausgegangen wird, während ich eine Schnittweiten-Differenz messe, und zwar nur
die Differenz bezogen auf den e-Linien-Fokus als Null-Punkt, das ist dann erreicht, wenn die Streifen mit allen Fehlern möglichst gerade sind. Bei Unter- oder Über-
korrektur auf die 0.7 Zone oder Rand-Mitte-Rand auf einer Linie, wie bei der Parabel.
Zur Demonstration der unterschiedlichen Farb-Schnittweiten wäre natürlich der Scopos 80/560 mit einer Differenz von ca. 0.3 mm geeigneter, weil sich für
diesen Fall die Interferenz-Streifen erheblich stärker durchbiegen würden. In diesem Fall führt das sehr weit nach "hinten herausfallende" Rot zu einer über-
deutlichen Verformung der Interferenzstreifen mit der man auf andere Weise das sekundäre Spektrum kathegorisieren könnte. Bei einem hochwertigen und
farbreinen Apo läßt sich das deshalb nicht so gut zeigen. Man muß also sehr viel genauer hinschauen, damit man die 0.01 mm Abweichung und weniger exakt
vermißt. Deshalb auch die dünne grüne Linie quer durch alle Interferogramme: Bei dieser Übersicht wurde exakt auf die e-Linie fokussiert, und lediglich
die anderen Filter ausgetauscht. Aus der geringen Durchbiegung der Interferenz-Streifen erkennt man aber doch, die Längenabweichung von rot nach grün
von 0.04 mm. Für die Vermessung empfiehlt es sich, nur noch 1 - 2 Streifen einzustellen, und ganz sorgfältig - zu einem dünnen Lineal hin orientiert - zu fokus-
sieren. Siehe erstes Bild.
Wer sich daraufhin die Systematisierung anschaut, erkennt erneut, daß das TMB in der Liga des Takahashi oder eines HCQ oder eines Astreya Super Apo's spielt.
Wobei das HCQ mit Glasweg verwendet werden sollte, das TMB hingegen ohne Glasweg.
Eine Anmerkung zum nächsten Bild: Orientiert an dem Lineal stellt man entweder die Streifen in gleicher Weise ein und liest die Schnittweiten-Differenz an der
Mikrometerschraube ab, oder aber man fokussiert exakt auf Grün und erkennt an der Durchbiegung der Streifen die Schnittweiten-Abweichung: Nach oben gebogen
bedeutet: Schnittweite fällt kürzer, nach unten gebogen bedeutet, Schnittweite fällt länger. Im Vergleich zum TMB Apo bei 800 Fokus erleiden die Streifen eine
gewaltige Durchbiegung über den Farblängsfehler.
Wie sensibel bereits der Sterntest die aktuelle TMB Apo Farbverteilung ebenfalls darstellt, sieht man am gut sichtbaren Rotsaum, den das Sternscheibchen
extrafokal umgibt. Über die Vermessung der Farbschnittpunkte, Rot liegt gerade mal 0.04 mm vor grün als Bezugspunkt, läßt sich auch qualitativ sehr an-
schaulich der Farblängsfehler bzw. das sekundäre Spektrum oder die chromatische Aberration von jedem eindruckvoll darstellen, nur halt nicht so exakt ver-
messen. Für die Beurteilung wäre das noch nicht einmal so entscheidend.
Wer also bei der Neu-Einführung von Linsen-Teleskopen welcher Coleur auch immer, nach einer Systematisierung sucht, der hat mit dem Sterntest beginnend
im Vergleich zu anderen Apo's hier:
Dies ist bereits ein gutes Kriterium zur Beurteilung der Farbsituation. Wie man das dann erklärt oder würdigt, soll meine Sache nun wirklich nicht sein.
Meine Berichte dienen der Transparenz von Optiken, denn gerade über die Qualität von Optiken wird viel erzählt. Ich publiziere hier immer nur meine
Meßergebnisse, was ich mir vor allem nicht verbieten lasse. Eine gewisse Ähnlichkeit besteht tatsächlich zum SkyWatcher ED 100/900 ebenfalls grün
und blau dicht beieinander, gelb um ca. 0.08 dahinter und rot mit einem "weiten" Abstand hierzu.
Noch ein paar andere Beispiele: Siehe auch hier: http://www.astro-foren.de/showthread.php?t=6849
Für den TAL FH ergeben sich folgende Werte:
- e-Linie: + 0.000mm kürzeste Schnittweite
- d-Linie: + 0.125mm RC-Wert: 1.145
- F-Linie: + 0.345mm RC-Wert: 3.159
- C-Linie: + 0.645mm RC-Wert: 5.910
RC-Wert(gesamt): 4.532
Siehe auch:
Systematik bei der Vermessung des Farblängsfehlers (erster Beitrag)
Systematik bei der Vermessung des Farblängsfehlers (zweiter Beitrag)
Systematik bei der Vermessung des Farblängsfehlers (dritter Beitrag)
Systematik der RC-Indexzahl
Longitudinal Aberration Simulation mit ZEMAX
Index-Vergleichstabelle, P1, P2, P3
Sekundäres Spektrum an Beispielen: Übersicht
Beispiel-Tafeln
RC Index Zahl Herleitung allgemeine Beschreibung
Glasweg-Diskussion
Abbildungsfehler - Wikipedia
Farblängsfehler bei Refraktoren: Schema bei Doublet, Triplet
Sekundäres Spektrum FH, Halb-APO, APO
Vergleich: ED-APO mit Triplett-APO Schwerpunkt: Gaußfehler, Weißlicht-Interferogramm
Diagramm-Beispiel
Farbige Weißlicht-Interferogramme Zusammenfassende Übersicht
Wolfgang Rohr