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Der Interferometer-Test
Trotz aller Diskussionen, die auf einigen Optik-Boards um die Feinheiten des 1973 veröffentlichten Bath-Interferometers geführt worden sind, sind diese
Makulatur und dieser leicht zu bauende und zu handhabende Interferometer hat weltweit in der Amateur-Szene seinen Siegeszug angetreten, an dem der
Autor kräftigen Anteil hatte. Die Auswert-Software war bis zum Jahre 2000 noch wenig entwickelt, weshalb zuerst nur eine reine Linien-Auswertung der
Interferenzstreifen möglich war, später mit Unterstützung von Philipp Keller das gesamte Streifenbild als Fläche ausgewertet werden konnte, und mit
FringeXP von Dave Rowe, Los Angeles, eine fast schon professionelle Auswertung inklusive Mittelung über mehrere Interferogramme möglich ist, und
dadurch auch der Phasenshift-Interferometer in greifbare Nähe gerückt ist. Trotz aller Kritik haben sich die Kritiker doch noch derartige Interferometer
gebaut und sammeln auf gleiche Weise ihre Erfahrungen damit, wie ich seit circa 20 Jahren. Eine Typisierung von Interferogrammen findet man unter
http://rohr.aiax.de/typ-ig.htm
Trotzdem gibt es im Umgang mit diesem Interferometer noch viele Feinheiten hinsichtlich Optimierung und bei unterschiedlichen optischen Systemen.
Wichtigster Aspekt ist der Streifenabstand: Weil es in diesem Fall immer um die bilderzeugende Wellenfront geht, ist der Streifenabstand bei einem Interfero
gramm im Krümmungsmittelpunkt einer Kugel ein Lambda wave, während bei einem in Autokollimation gewonnenen Interferogramm (Streifenbild) der Strei-
fenabstand Lambda/2 der Wellenfront ist. (Auf die Oberfläche bezogen verdoppelt sich jeweils der Nenner des Bruches.)
Bei der entsprechenden Eingabe in FringeXP gibt man also bei einem Kugelspiegel 1 ein, oder 0,5 bei einer Autokollimations-Messung.
Anders als der Ceravolo-Interferometer, dessen Referenz-Element eine Meniskuslinse ist, und deswegen exakt auf der Achse geprüft werden kann, sollte
beim Bath-Interferometer der Bündelabstand nicht mehr als 5 mm betragen. Dann bleibt der entstehende Fehler bei der Messung eines f/4 Newton-Spiegels
in Autokollimation bei ca L/10 PV der Wellenfront, und das ist etwa der Messbereich, der mit dem Bath-Interferometer sicher gemessen werden kann. Die
meisten Teleskope liegen in einem Bereich von L/4 - L/3 PV der Wellenfront, während frühere hohe PV-Werte über eine Linienmessung nach Foucault oder
Caustik entstanden.
Hier besteht noch die größte Diskrepanz, wenn es um den Peak to Valley Wert der Wellenfront geht: Beim Foucault-und Caustik-Test mißt man die Längen-
Differenz über eine Meridian-Linie, und macht im Vertrauen auf die Rotations-Symmetrie eine Aussage zu einer Fläche, die nie gemessen hat. Diese Fläche
braucht nur astigmatisch zu sein, und geht bei der Foucault-Messung nicht ins quantitative Ergebnis ein. Und weil viele Spiegel nicht nur leicht astigmatisch
sind, sondern auch noch andere Flächenfehler haben, entstehen bei der Linienmessung (Foucault) immer traumhaft hohe PV-, RMS- und Strehl-Werte, die
über ein Interferogramm selten zu halten sind, und regelmäßig zu Enttäuschungen bei den Besitzern führen.
Einem Interferogramm sieht man vor allem an:
- die Unter- oder Überkorrektur, flaches "W" oder flaches "M" bei immer gleichen Einstellung
- den Astigmatismus auf mindestens zwei Arten
- Komafiguren in Form eines flachen "S" oder bauchige oder kissenförmige Verformung der Streifen
- abfallende Kanten bei Spiegeln
- deutliche Zonen oder Flächenunregelmäßigkeiten
- rauhe Flächen, wenn sie besonders stark vorhanden sind
Weil eine Parabel im Krümmungsmittelpunkt prinzipiell einen überkorrigierten Kugelspiegel darstellt, sind die Streifen "M"-förmig verformt. Mit FringeXP
kann man bei genauer Angabe von Durchmesser und Radius den Newton-Spiegel auf Null umrechnen bei einer relativ großen Unsicherheit von mindestens
10%-20% Verminderung des Strehlwertes. Ganz schwierig ist der Fall bei einem F/4 Newton wegen der hohen Anzahl von Interferenzstreifen bei dieser Art
von Auswertung. Der Streifenabstand ist für diesen Fall 1.
Bei diesen Streifenbildern bestägt der Streifenabstand L/2 der Wellenfront. Beide Spiegel haben eine hohe Qualität von #383 Strehl = 0.94, PV L/5.7 und
#384 Strehl = 0.97, PV L/7.
Newton-Spiegel sind aus thermischen Gründen oft unterkorrigiert, was aber abhängig vom Substrat ist. Bei Pyrex wirkt "verbiegt" sich der Glaskörper noch
ganz erheblich, und eine solche Unterkorrektur ist ganz leicht über eine Isolierung der Spiegelrückseite "aufzufangen", wie mir unlängst wieder bestätigt
wurde von einem Sternfreund.
Mit FringeXP kann man über die konische Kontrante also den Absolut-Wert rechnen, wenn der Spiegel richtig temperiert ist, und den Optimal-Wert, wenn der
Spiegel durch fallende Außentemperaturen in seine optimale Parabel-Form "fällt" ! Ein einem Beispiel pendelte der Wert zwischen Strehl = 0.702 zu Beginn
einer Beobachtungs-Nacht bis 0.923 bei fallenden Temperaturen hin und her. Durch Isolation der Rückseite kann dieser Fall ausgeglichen werden.
Als Weißlicht-Interferometer kann man hier in allen Wellenlängen mit Weißlicht messen, weil dieser Interferometer keine Kohärenz-Länge beansprucht.
Dieses Beispiel demonstriert die farbabhängige Verformung beim Öffnungsfehler, den sogenannten Gauss-Fehler. Das Optimum bei diesem Zeiss-Objektiv
liegt bei ca. 560 nm wave, während Blau überkorrigiert und Rot unterkorrigiert reagiert. (Siehe auch: "Der Optiker" - Heinz Pforte, Band 2, Theoretische
Optik, Verlag Gehlen, S 149 f)
Deutliche Flächenfehler kann man bei diesem SC-System erkennen, die über die Schmidtplatte verursacht sind:
Bei diesem Newton kombiniert sich eine Unterkorrektur mit Astigmatismus, der an den ansteigenden Streifenabständen von unten nach oben erkennbar ist.
Auch leichte Koma ist noch vorhanden:
Dieser Fall zeigt einen in Kompensation gemessenen 300-er Newton-Spiegel mit einem kräftigen Kegel in der Mitte, von dem der Hersteller wohl hoffte, daß
ihn der Fangspiegel unsichtbar macht. Auch hier ist leichter Astigmatismus erkennbar.
Mit diesem 300-er Spiegel wurde sein Besitzer nicht glücklich: Bei dieser etwas älteren Aufnahme ist eine abfallende Kante ebenso vertreten, wie Zonen
und Astigmatismus.
Von hoher Qualität selbst bei 404.7 nm wave ist ein Apochromat, der auf Vermittlung von Ralph Mündlein entstanden ist.
Für Newton-Spiegel größer als 400 mm bietet sich sogar eine interferometrische Prüfung über zwei exakt parallel ausgerichtete Planspiegel an, über die
man ein gemeinsames Interferogramm erzielen kann.
Bei 532 nm wave entstand dieses zusammengesetzte Interferogramm in Autokollimation gegen zwei Planspiegel.
Die Erfahrungen der letzten 20 Jahre würden diesen kurzen Bericht sprengen. Trotzdem hoffe ich, dass mir eine informative Zusammenschau gelungen ist.
Siehe auch:
http://rohr.aiax.de/komastrehl.htm
http://rohr.aiax.de/typ-ig.htm
http://rohr.aiax.de/strehlnewt.htm
http://rohr.aiax.de/strehl-verb.htm
http://rohr.aiax.de/bathinterf.htm
Wolfgang Rohr