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Der Sterntest
Trotz H.R.Suiter "Star Testing Astonomical Telescopes" sind die Grundprinzipien des Sterntestes noch lange nicht allgemein bekannt, weshalb es in den
Astronomie-Foren periodisch immer wieder zu Verständnis-Fragen kommt. Es hat den Anschein, daß dieser Test die Sternfreunde eher verwirrt hat, als
ihnen bei der Qualitäts-Kontrolle ihres Teleskops behilflich zu sein.
Haupteinwand gegen Buch und Aberrator-Programm sind die synthetisch gerechneten Fallbeispiele, weil die Beispiele, die man durch die Fotografie von
realen Sternscheibchen gewinnt, sich deutlich von den gerechneten unterscheiden und schon so manchen Sternfreund in die Verzweiflung gestürzt haben.
Der Sterntest ist grundsätzlich ein qualitativer Test. Es lassen sich also nur ganz eingeschränkt PV-, RMS- oder Strehl-Werte ermitteln. Eine quantitative
Variante ist der Roddier-Test am Himmel, der auf fotografischem Weg eine Quantifizierung ermöglicht. Siehe auch:
http://www.astrosurf.com/tests/roddier/roddier.htm
http://astrosurf.com/nexstar8/
Der Sterntest zeigt deutlich Flächen-Unregelmäßigkeiten, Zonen und Astigmatismus an, unschärfer ist er, wenn er exakte Aussagen zum Öffnungsfehler
machen soll. Das klassische Beispiel dafür ist beim Spiegelschleifen der Kugelspiegel im Krümmungsmittelpunkt. Nach der Geometrie findet eine Total-
reflexion statt und alle Lichtstrahlen treffen sich wieder im Kugelzentrum des kugelförmigen Hohlspiegels. Das sieht dann so aus und ist zugleich ein Bei-
spiel für den klassischen Stern-Test, wie er am Himmel sein sollte:
Am Himmel fallen jedoch der Geometrie wegen, die achsnahen Strahlen länger als die Randstrahlen, der Spiegel ist also unterkorrigiert und muß parabo-
lisiert werden, also die Mitte wird tiefer poliert, um das wieder zu korrigieren (für den Krümmungsmittelpunkt entsteht aber jetzt eine Überkorrektur).
Prüft man also einen Parabol-Spiegel im Krümmungsmittelpunkt, so ist dies immer ein überkorrigierter Spiegel und man bekommt in diesem Fall extraf-
okal einen deutlichen "Beugungsring" und intrafokal nur noch den diffus ausgefransten Rand. Bei der Unterkorrektur fallen also die Mittelpunktsstrahlen
länger als die Randstrahlen, weil eine Art "Berg in der Mitte" die Schnittweite in der Mitte verlängert. Bei der Überkorrektur ist in der Mitte eine "Vertiefung"
und die Mittelpunktstrahlen fallen kürzer. Ein abfallender Rand ist also eine Art Überkorrektur, weil die Randstrahlen länger fallen und beim Rest der Fläche,
selbst wenn sie unterkorrigiert ist, die Strahlen kürzer fallen. So kann also eine tendenziell unterkorrigierte Fläche über den Rand überkorrigiert am Sterntest
erscheinen. In dieser Hinsicht ist der Stern-Test "unscharf".
Grundprinzip bei astronomischen Teleskopen ist die Tatsache, daß ein vom Weltall kommendes Lichtbündel parallel ist, und auf der optischen Achse im Ideal-
fall innerhalb des Airy-Beugungsscheibchens alle parallelen Lichtstrahlen vor dem Fernrohr bzw. Objektiv im Brennpunkt als winzig kleiner Lichtpunkt abge-
bildelt wird. In der Praxis ist dies jedoch eher selten der Fall, und im Bildfeld, außerhalb der Achse kommen noch weitere optische Abbildungsfehler hinzu, die
aber auf der Achse zunächst keine Rolle spielen. Dieser Test ist natürlich auch in einer Autokollimations-Anordnung durchführbar mit dem Vorteil der doppelten
Genauigkeit und allerbestem Seeing im Labor: Hier das Beispiel eines NewtonSpiegels.
Hier das Beispiel eines weniger gut gelungenen Spiegels am Himmel bzw. in Autokollimation:
Ein positives Gegenbeispiel bietet folgender Hochleistungs-Newtonspiegel, dessen Sternscheibchen intra- und extrafokal nahezu gleich sind, jedoch ein ganz
zart ausgefranster Rand im extrafokalen Sternscheibchen eine Flächen-Überkorrektur andeutet, während der Rand selbst keine Auffälligkeiten hat. Auch die
Fläche selbst zeigt außer ganz flachen Zonen weiter keine Störung.
Das Ronchi-Gitterbild intrafokal bei 13 lp/mm zeigt einen nahezu perfekten Spiegel, dem man die hauchzarte Unterkorrektur nur in Autokollimation bei doppelter
Genauigkeit ansieht.
Beim nächsten Beispiel ist eine ganz leichte Überkorrektur vorhanden, die man auch nur mit dem RonchiGitter 13 lp/mm intrafokal in Autokollimation erkennt. Weil hier aber der Rand etwas hochzieht, ist das Sternscheibchen extrafokal leicht ausgefranst.
Soviel zu den perfekten Optiken oder hier den Parabolspiegeln.
Der Parabol-Spiegel ist also im Krümmungsmittelpunkt total überkorrigiert, d.h. die Mittelpunktstrahlen fallen kürzer, als die Randstrahlen, man sieht extra-
fokal einen dicken Beugungsring und intrafokal kein Scheibchen mehr, sondern nur noch den ausgefransten Rand (damit ist ganz klar, wie am Himmel ein über-
korrigierter Spiegel oder opt. System ausschauen muss). Intrafokal sieht man einen ausgefransten Rand, extrafokal immer deutliche Beugungsringe. Bei größeren
Öffnungen sieht man in der Regel intrafokal nur noch diffuses Licht. Also kann man den Parabolspiegel nur extrafokal im Krümmungsmittelpunkt auf Astigmatismus
prüfen.
Am bauchigen Ronchigitter intrafokal bei 13 lp/mm erkennt man eindeutig, dass die Lichtstrahlen in der Mitte kürzer fallen als am Rand, was zu einer
bauchigen Verformung führt.
Das Gegenteil davon war ein Frauenhofer, der vermutlich durch einen falschen Linsenabstand unterkorrigiert reagierte, und das schaut dann so aus: Hier
sind also die ausgefransten Sternscheibchen genau umgekehrt und damit extrafokal, während intrafokal die Beugungsringe zu sehen sind.
Der Nachweis kann wieder über das Ronchi-Gitter geführt werden.
Beim einem VMC 200L war die Unterkorrektur nicht ganz so ausgeprägt, und das sieht dann so aus:
Im Ronchibild wieder intrafokal bei 13 lp/mm kann man die leichte Unterkorektur erkennen.
Ein Sternfreund brachte seinen hoffnungslos überkorrigierten Newton-Spiegel. Der schaut in Autokollimation dann so aus:
Merke:
Bei Überkorrektur oder abfallender Kante, was nur eine Form von Überkorrektur ist, sind die Sternscheibchen intrafokal immer am Rande ausgefranst und
extrafokal sind immer deutliche Beugungsringe zu sehen. Wie groß die Überkorrektur in PV Lambda der Wellenfront jedoch ist, läßt sich mit diesem Test
nahezu nie abschätzen, auch wenn es oft behauptet wird. Ein möglicher Astigmatismus oder Koma machen diesen Versuch sofort zunichte. Je gleichmäßiger
die Scheibchenfläche ausgeleuchtet ist, umso glatter die polierte Fläche. Störungen bzw. Unregelmäßigkeiten, wie Zonen, Wolken etc. lassen sich hier bereits
erkennen.
Wolfgang Rohr