Aktuelle Seite: Startseite > Berichte > 05 Messtechnik - Teil 1 > Berichte > 03 Newton-Systeme und verwandte Fragen > C095 * Wie genau sollte ein ellipt. Fangspiegel sein?
Siehe auch: C093 Kalkulierte Genauigkeit bei unterschiedlichen Planspiegeln
Bei der Beurteilung der optischen Qualität eines elliptischen Fangspiegels in einem Newton-System sind ein paar Vorüberlegungen
durchaus zweckmäßig: Möchte man ein visuelles Newton-System, dann empfiehlt sich ein f/5 bis f/8 System mit möglichst knapp
bemessenem Fangspiegeldurchmessser kleine Achse, damit die Obstruktion durch den Fangspiegel so klein wie möglich ausfällt.
In diesem Fall wäre eine Flächengenauigkeit über den gesamten FS-Durchmesser von mindestens PV L/8 Wave und besser wünschens-
wert. (Wobei bei Planflächen die Genauigkeit oft mit "surface" angegeben wird, und das wäre dann nur halb so genau.)
Bei einem fotografisch genutzen F/4 System wird der FS-Durchmesser kleine Achse wegen der Vignettierung im Bildfeld größer
ausfallen müssen - die Obstruktion wird also größer und verschiebt dadurch mehr Lichtenergie in die Beugungsringe. Trotzdem
wird im System immer nur ein kleinerer FS-Durchmesser genutzt, auch wenn sich über das Bildfeld diese Fläche jeweils verschiebt.
Die Gesamtfläche des Diagonal-Spiegels von 70 mm kleine Achse hat zwar eine geringere Genauigkeit von nur 0.419 Strehl, gebraucht
aber wird nur eine Teilfläche von hier 35 mm kleine Achse. Die Genauigkeit dieser Teil-Fläche "springt" aber nun auf 0.982 Strehl, und
ist damit völlig ausreichend. Im Strahlengang braucht der Lichtkegel immer nur 35 mm Durchmesser. Wegen der Abbildung in anderen
Bereichen im Fokus/Bildfeld verschiebt sich also die benutzte Fläche auf dem Planspiegel, am Durchmesser im Strahlengang jedoch
ändert sich nichts.
Aktuell ist also immer nur die opt. Qualität dieser Fläche auf dem FS interessant. Ein weiterer Aspekt in diesem Fall ist die Auflösung
des Kamera-Sensors mit bislang 5.4µ bis 9µ Pixelgröße. (Die Entwicklung hin zu kleineren Pixeln erfordert höhere Genauigkeit.)
Zur Darstellung eines lichtschwachen Sternes sind jedoch immer mindestens 3x3 Pixel erforderlich, weshalb sich die Auflösung
aus dem inv TAN(3x3µ/1000) berechnet. Bei 5.4µPixelgröße wären das dann inv TAN(0.0162/1000) also 3.34 arcsec. Visuell hätte
man hingegen 0.553 arcsec, die aber über das Seeing über die oberen Luftschichten auf etwa 1 arcsec begrenzt ist. Bei der
angenommenen Pixelgröße von 5.4µ und der damit errechneten Auflösung von 3.34 arcsec verschwinden eine Reihe von opt.
Fehlern besonders auch der Astigmatismus, dessen "Kreuz" im Fokuspunkt zu einem kleinen Sternscheibchen "verschmiert"
wird und dadurch auf dem Rohbild nicht mehr zu erkennen ist. Man würde das lediglich über einen größeren Durchmesser des Stern-
scheibchens im Bildfeld nachmessen können, wenn man dessen Ideal-Größe im Bildfeld kennt. Strehl-niedrige Teleskope können
also trotzdem passable Astrofotos abliefern.
Der Test gegen einen Kugelspiegel
Im Zusammenhang mit diesem Testverfahren lesen Sie auch folgende Berichte: E072 - Flat 10 inch prüfen - 12.04.2014 ;
C012 Elliptische Flats - Planspiegel testen ; E045 elliptischer Planspiegel (Fangspiegel) 170 mm kleine Achse Test gegen Sphäre/Kugel ;
Referenz-Optiken im Archiv ;
Die Sphäre, gegen die geprüft wird, sollte für den Meßbererich mindestens PV L/10 und besser haben, damit man nicht die Fehler
der Sphäre gegenrechnen muß. Dieser Testaufbau entspricht dem Strahlgang in einem Newton-System. Der ellipt. FS/Planspiegel
steht im 45° Winkel zur opt. Achse und sorgt dafür, daß der Querschnitt im Strahlengang weiterhin rund erscheint, wie auf dem
synthetischen IGramm rechts zu sehen ist.
Zwei ähnliche Setups mit zwei unterschiedlich großen ellipt. Planspiegeln: Vom Abstand des ellipt. Fangspiegels vom Kugelspiegel hängt es ab
wie groß die Fläche auf dem FS ist, die geprüft werden soll. Nahe am Kugelspiegel erfaßt der Lichtkegel zum Kugelspiegel die gesamte FS-Fläche.
Nahe am Fokus/Krümmungsmittelpunktes erfaßt der Lichtkegel der Sphäre nur einen Teil/Ausschnitt der Planfläche und simuliert damit
die tatsächliche Fläche, die im Strahlgang gebraucht wird.
Der FS kann bereits auf einer Halterung aufgeklebt sein, wie auf dem oberen Bild, oder liegt lose in einer spannungsfreien Halterung,
wie auf dem folgenden Bild.
C093 Kalkulierte Genauigkeit bei unterschiedlichen Planspiegeln
Besonders das Zenit-Prisma ist ein Beispiel dafür, daß der "schlanke" Lichtkegel eines f/6 bis f/19 Linsen-Fernrohres einen vergleichs-
weise kleinen Durchmesser bzw. kleine Fläche des Planspiegels verwendet, wie der obere Link ausführt. Allerdings sollte dann dieser
Flächen-Anteil die erforderliche Genauigkeit von mindestens PV L/8 Wave darstellen. Hier positioniert man das Zenitprisma in Fokus-
nähe für einen realistischen Testaufbau.
Dies wäre ein Beispiel, bei dem nur die tatsächlich benutzte Fläche eines FS 88 m kleine Achse ausgewertet wird. Die erforderliche
Genauigkeit muß sich deshalb nur auf diesen Durchmesser beziehen, nicht auf die Gesamtfläche von 88 mm kleine Achse.
Für die tatsächlich im Strahlengang benutzte Teilfläche hätte nun der ellipt. Planspiegel die erforderliche Genauigkeit für visuelle
Ansprüche. Für die Fotografie würden auch schon PV L/4 wave völlig ausreichend sein. Wer allerdings großen Wert auf hohe
Genauigkeit auch des Fangspiegels legt, wird sich einen kaufen mit einem Zertifikat über die Gesamtfläche von ca. PV L/10 wave.
Auf den einschlägigen Foren mit dem Charakter sozialer Medien wird man deshalb eher Spitzfindigkeiten erwarten können, und
kaum einen ausgewogenen Standpunkt aus praktischer Erfahrung. Ein versierter Astrofotograf wird deshalb einiges kompensieren
können, was auf der opt. Bank auf der opt. Achse als fehlerhaft erscheint. Hier entscheidet die Qualität im Bildfeld und nicht auf der
optischen Achse.