B079 Zeiss AS 200-3000 - die Überraschung 21. November 2006
Bei der Fülle von Refraktor-Systemen und der unterschiedlichen Tests, die mit diesen Teleskopen möglich sind,
kann man auch Überraschungen erleben, die nachdrücklich zeigen, wie einseitig ein einzelnes besonders gutes
Meßergebnis sein kann, wenn es um eine Art Gesamt-Bilanz geht. Auch sollte man keine falsche Scheu entwi-
ckeln, Teleskope mit diesem Nimbus auch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen, im Sinne anderer, gering-
geschätzter Fernrohre.
Dieses Objektiv wurde vor vielen Jahren unter seinem Namen eingekauft, reiste mindestens um den halben Erdball herum
und wieder zurück, wurde im Staub der Atakama-Wüste naßforsch auf einem Küchentisch zerlegt und mit Zentrierfehler
wieder zusammengebaut, derart, daß man es gut am Himmel erkennen konnte, und landete irgendwann auch bei mir -
immer noch mit dem alten Zentrierfehler behaftet.
Gewöhnlich läßt man ein Objektiv in Ruhe, besonders ein Zeiss Objektiv, darauf vertrauend, daß man es selbst nicht
besser könnte. Wenn aber dann die schmalen Distanz-Plättchen einmal herausgefallen sind, und man sie vielleicht auch
noch vertauscht hat, dann stimmt erst einmal gar nichts mehr. Da hilft dann nur noch das Wissen, wie man die wenigen
Micrometer Ungenauigkeit dieser Plättchen - also im Bereich von 0.001 - 0.005 mm - so beeinflußt, daß selbst ein
Interferogramm einigermaßen ordentlich aussieht. Beim Interferogramm wird dieser Fehler am augenfälligsten und am
strehl-reduzierendsten durch sog. Achskoma bzw. Zentrierfehler.
Die Methode Bernhard Schmidt half in diesem Fall sehr gut weiter. Was noch an Rest-Koma verblieb, ist unter 1% Strehl.
Die Fassung, im Sinne deutscher Wertarbeit gefertigt, kommt oben ohne den sonst üblichen Schraubring aus. Der den
Zweilinser (mit der dicken Minus-Linse zuerst) haltenden Ring, wird an drei Stellen mit Schrauben fixiert. Schlecht für
den Transport; auf diese Art kamen die Linsen ziemlich "locker" bei mir an - mag aber für die Ausdehnung günstiger sein.
Hier auf dem Bild, in vornehmes Blau gewandtet mit den Zeiss-Insignien, damit es auch jeder glaubt ...
Die Prüfung fand, stilgerecht jedenfalls, vor einem Zeiss-Werkstatt-Planspiegel statt; mit einem dünnen Lineal als Bezugslinie für die Messung des sekundären Spektrums mit einem sehr guten Ergebnis - halt Zeiss-
Qualität.
Mit anderen Sternscheibchen-Aufnahmen verglichen, ist das sekundäre Spektrum vergleichsweise gering. Siehe auch
Sterntest im Überblick: http://www.astro-foren.de/showthread.php?t=6084
In dieser Übersicht wäre das AS-Objektiv eindeutig bei den Achromaten einzuordnen der Farbverteilung beim
Foucault-Test. Fast lehrbuchhaft fallen sowohl grün-gelb wie auch blau-rot in einer Schnittweite zusammen:
Interessanter noch die unteren Ronchi-Bilder über das Spektrum aufgenommen: Das Optimum liegt im roten Bereich,
bei H-alpha, was natürlich gewollt sein kann. Ändern kann man das durch Vergrößerung des Linsenabstandes, dann
würde sich das Optimum in Richtung Grün verschieben. Weil bei 13 lp/mm in Autokollimation intrafokal aufgenommen,
bedeutet, daß die F-Linie überkorrigiert ist, ebenso die e_Linie, und erst ab der d-Linie hin zum langwelligen Bereich
wird das Objektiv richtig gut - was den Strehl-Wert anbelangt. Und das kann man gar nicht deutlich genug be-
tonen, wenn man das letzte Bild studiert.
Das sekundäre Spektrum auf zweifache Weise fotografiert: Die erste Reihe ist auf Grün fokussiert und fixiert. Die
Streifendurchbiegung nach unten zeigt die längere Schnittweite bei Blau und Rot.
In der zweiten Reihe wurde auf jede Farbe fokussiert, um den farbabhängigen Öffnungsfehler herauszuarbeiten:
Also die Überkorrektur im kurzwelligen Bereich bis hin zur d-Linie. Der Rest eines flachen "S" geht auf das Konto
eines Rest-Zentrierfehlers.
Verglichen mit den Ergebnissen hier und der Tafel hier haben wir es mit einem sehr guten
Fraunhofer-Typ zu tun, Synta
fällt abgeschlagen weit hinten herunter.
Logischerweise kommt bei dieser Korrektur nur ein Strehl von 0.95 zustande, was sich jedoch ändern läßt, wenn man will.
Im Streifenbild erkennt man noch den Zentrierfehler, mehr wollte ich in der kurzen Zeit nicht.
... Und, ohne die Achskoma ist er bei 656.3 nm wave perfekt - zumindest, was den Strehl betrifft.
Das Referenz-Streifenbild
Seit einiger Zeit untersuche ich speziell Refraktoren, aber auch Spiegel-Systeme an meinem künstlichen Sternhimmel -
und da war die Überraschung perfekt:
Hatte ich doch erwartet, mit dem AS-Objektiv ein besonders gutes Ergebnis zu bekommen ...
Die Luftunruhe jedenfalls war es nicht, wie vielleicht einige denken mögen.
Aus dem folgenden Bild ergibt sich eine Auflösung von 0.69 arcsec. Die "unscharfe" Abbildung der mittleren Dreier-Gruppe hat mit der
langen Brennweite zu tun. Da sich die Auflösung auch rechnen läßt über INV Tan(Trenn-Vermögen-Mikron/Brennweite) wäre das
INV TAN (0.010/3000) = 0.69 arcsec. Über die Formel 138.4/200 käme das gleiche Ergebnis heraus. Bei gleicher Öffnung muß also
die Auflösung umso unschärfer sein, je länger die Brennweite ist.
Beitrag Nr. 08
Das angekündigte Zeiss AS 200/3000:
Offenbar überstehen diese Objektive die Jahrzehnte ohne irgendwelche Blessuren, solange man pfleglich mit den Optiken umgeht. Dere rote Punkt
ist jeweils zu meiner Orientierung, damit man später irgendwelche Auffälligkeiten besser zuordnen kann.
Bei sehr langen Brennweiten und demzufolge kleinem Öffnungsverhältnis muß das Trennvermögen meiner mittleren Dreiergruppe geringer ausfallen.
Über die längere Brennweite käme dann trotzdem die theoretisch mögliche Auflösung heraus: Das wäre nach der Formel für 550 nm wave ein Wert
von 0.692 arcsec und damit in der Nähe der fotografischen Ermittlung. Bei den großen AS-Objektiven ist die RC_Indexzahl etwas größer.
Siehe auch die Liste der Zeiss AS Objektive: http://www.astro-foren.de/showpost.php?p=32999&postcount=2
Die typische Farbverteilung beim Foucault-Test und vergleichbar mit den Ergebnissen weiter oben.
Je nach Farbspektrum wirkt sich der Gaußfehler = farbabhängige Öffnungsfehler unterschiedlich aus. Das Optiumum liegt im H-alpha Bereich.
Dadurch ist Grün bereits leicht überkorrigiert, wie oben auch.
Im optimalen Spektrum erreicht das Objektiv daher auch einen hohen Strehlwert. Der Astigmatismus liegt hier im PV L/10-Bereich und ist
selbst bei HÖchstvergrößerung unter besten Seeing-Bedingungen nicht feststellbar.
Entsprechend lehrbuchhaft verläuft auch die Energie-Verteilung in der 3D-Darstellung
Als Restfehler in der Wellenfront-Deformation wäre eine geringe Unterkorrektur zusammen mit Rest-Astigmatismus und ein bißchen Koma
erkennbar, die in der Summe den Strehl auf 0.976 "drücken".