H021 2008 Die Optik Konferenz bei Wolfgang Busch
Die Optik-Konferenz oder das Zeiss_B Objektiv
[I_gramme/Pent20\Ahrensburg, II_gramme/Pent01/Busch-_2008 ZeissPublikation]
Unter der Schirmherrschaft trafen sich - höchst selten einmal - in Ahrensburg die Astro-Optiker, bzw. Experten
für Refraktor-Objektive. Sehr viel öfter steht die kleine Gruppe seit über 30 Jahren via Telefon und Email in
Kontakt. Das Zeiss_B Objektives 110/1620, das ein Sternfreund zur Optimierung zu Wolfgang Busch,
Ahrensburg, geschickte hatte, lieferte einen willkommenen Anlaß, die unterschiedlichen Experten innerhalb
der Gruppe zusammen zu bringen: Ein Optikrechner, der selbst einen Apochromaten entwickelt und hergestellt
hat, einen Astrofotographen, Wolfgang Busch, Designer und Hersteller des HAB-Objektiv-Bausatzes, das
ein interessierter Sternfreund selbst herstellen kann, und schließlich mich selbst, der sich auf die interfrome-
trische Vermessung derartiger Objektive verlegt hat.
Ohne Zweifel ist dieser Objektiv-Typ das farbreinste, was ein Voll-Apochromat von Zeiss überhaupt zu bieten
hat. Die Gruppe hat dieses Objektiv sowohl mit den alten Glassorten aber auch heutigen Gläsern mit einer
Perfektion nachvollzogen, die erahnen läßt, welche hohe Perfektion von den Zeiss-Ingenieuren und Fein-
optikern damals ohne Computer bereits vorhanden war. Überhaupt ist die Gruppe in engem Kontakt mit der
Sternwarte in Hamburg-Bergedorf, die u.a. durch das Wirken von Bernhard Schmidt und seine Schmidt-Kamera
weltweit bekannt worden ist. (Darüber wird in einem eigenen Beitrag zu berichten sein)
Wolfgang Busch, bereits 80 Jahre jung, scheint fit wie ein Turnschuh, wenn er sich hoch konzentriert mit einem der
Zeiss_B Optiken befaßt. Bereits unlängst hatte er ein 200/3000 in Arbeit, nachdem es über Jahrzehnte ungenutzt in
Süddeutschland dahinschlummerte.
Über die lange Brennweite von 1620 mm bei 110 mm Öffnung ergibt sich für Grün eine Schärfentiefe von 0.2369 mm.
Die Schärfentiefe entsteht dadurch, daß das Airy-Scheibchen die kleineste Einschnürung des Lichtkegels darstellt und
über die Geometrie ein Bereich auf der Achse entsteht, innerhalb dessen man ein FokalBild nicht schärfer stellen kann.
Mit dieser Schärfentiefe wird die Schnittweitendifferenz der Farben Blau und Rot (bezw. das arithm. Mittel zur Hauptfarbe
Grün) ins Verhältnis gesetzt, sodaß man zu einer Restchromasie-Indexzahl kommt, und damit eine Skalierung für alle
Refraktoren hat. Ein wunderbar quantifizierbares Verfahren, wenn man dazu einen Bath-Interferometer benutzt.
Das Zeiss_B Objektiv kam in einem bedauernswerten Zustand bei Wolfgang Busch an, nachdem sich bereits einige hoch-
karätige Optiker an diesem Zeiss-Produkt die Zähne ausgebissen hatten.
Ein hochwertiger Planspiegel dient zur Autokollimation . . .
. . . wobei die exakte Kollimation vor diesem Planspiegel ebenfalls sehr exakt sein muß und ein hohes Maß an Konzen-
tration verlangt. Macht Wolfgang Busch am liebsten alleine und ungestört.
In der Hamburger Gegend scheint es viele derartige Objektive zu geben. Einer aus der Gruppe - im Zivilberuf Augenarzt -
hat sein eigenes Zeiss_B Objektiv ebenfalls bereits zerlegt und mit Erfolg gut zentriert wieder zusammengefügt.
Zum Beweis noch der Okularauszug, wie er damals von Zeiss in edlem Messing gebaut wurde.
Hier der stolze Besitzer dieser Optik, wie sie in den 30-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gefertigt worden sind.
Das Zeiss_B Objektiv wurde offenbar von T.S. Tayler entwickelt, von Horst Köhler aufgegriffen und verfeinert zu einem
Dreilinser mit Luftlinsen und äußerst zentrier-empfindlichen aber auch äußerst farbreinen Voll-Apochromaten. Horst
Köhler ist über das Standard-Werk "Die Fernrohre und Entfernungsmesser" im Springer Verlag. Berlin-Göttingen-Heidelberg
1959 erschienen. Nur noch antiquarisch erhältlich, aber ein vielzitiertes Standard-Werk.
Bei höchstvergrößerung von 1620-fach mit einem Nagler-Zoom 2 mm in Autokollimation entstand dieses intrafokale Stern-
scheibchen, bei dem nur noch der violette Farbsaum darauf hinweist, daß die Schnittweite von violett geringfügig länger
ist, als Blau = 0, Grün/Rot + 12 Mikron, Gelb + 26 Mikron. Der ausgefranste Rand intrafokal deckt sich mit dem Ronchi-
Bild, ebenfalls intrafokal, da dieses Ojektiv derzeit noch leicht überkorrigiert reagiert, was eine Frage der Linsenabstände
darstellt. (Gitterkonstante 13 lp/mm intrafokal) Das linke untere Foucault-Bild entstand über die Einrichtung von Wolfgang
Busch unter Verwendung eines Grünfilters, während das rechte Foucault-Bilder über meinen Lichtspalt ohne Filter entstand.
Auch hier die Entsprechung zum darüberliegenden Ronchi-Bild.
Jeder Refraktor hat nebem dem sekundären/tertiären Spektrum zusätzlich deb farbabhängigen Öffnungsfehler in der Form,
daß im kurzwelligen Blau die Objektive überkorrigiert reagieren, im langewelligen Rot unterkorrigiert sind, und im grünen
Spektrum - dort sind unsere Augen am empfindlichsten - sollte es absolut perfekt sein. Bei Zeiss Objektiven wäre das
dort dann ein Strehl von 0.999. An den Interferogrammen fällt zunächst eine Dezentrierung auf, die ich der Justage vor
dem Planspiegel zuordnen würde. Der mittlere Interferenzstreifen sollte achssymmetrisch zur Mittensenkrechten sein.
Deshalb wäre Coma zunächst abzugsfähig. Einen weiterer Fehler bildet die Überkorrektur bei Gelb, was eine Frage des
Linsenabstandes ist, aber auch eine Frage der Temperatur: Im ca. 3 Grad Celsius wärmeren Wohnzimmer justierte Wolfgang
Busch dieses Objektiv neu, worauf es auf der Optik-Bank zunächst perfekt erschien, bis es sich erneut an die andere
um 3 Grad kältere UmgebungsTemperatur angepaßt hatte, da war es dann wieder überkorrigiert. Das beste Interfero-
gramm zeigt sich derzeit bei Rot = 656.3 nm wave = C-Linie, da sich hier kompensatorisch der Gaußfehler auswirkt und
Überkorrektur minus Unterkorrektur (Gaußfehler) die Korrektur in diesem Bereich auf Null stellen.
Über Gelb = 587.6 nm wave ergibt sich folgende Auswertung: Die dünne weiße Linie wäre die Ideal Map. Erneut erkennbar
sind Rest-Kollimationsfehler und Überkorrektur durch ein ganz flach überlagertes "M" über dem mittleren Streifen.
Die leicht konische Öffnung der Streifen nach links zeigt einen Restastigmatismus an.
Auf der Basis des oberen Interferogrammes wiederum der Ideal-Verlauf der Streifen.
Und nun eine Übersicht, wie sich die einzelnen residualen Fehler auf den Strehl auswirken:
Wenn alle Fehler bei der Auswertung berücksichtigt werden, dann käme ein Strehl von 0.944 heraus. Da die Optimierung
noch nicht abeschlossen ist, kann man erwarten, daß das Ergebnis sich über folgende Einflüsse steigern läßt:
Der Haupt-Restfehler ist die Überkorrektur. Wenn diese behoben ist, dann steigt der Strehl auf 0.972. Ein Zeissianer
wäre damit aber noch nicht zufrieden. Befreit man sich schließlich noch vom meist fassungsbedingten Astigmatismus,
dann ist man schlußendlich bei Strehl = 0.995 und der Rest verbleibt als Coma, die sich eigentlich ebenso herauszentrieren
läßt. Der Optimier-Vorgang ist eine hochkonzentrative und äußerst langwierige Angelegenheit, die außerdem viel Erfahrung
und Fingerspitzengefühl verlangt. Für Klavierspieler, wie Wolfgang Busch einer ist, ein lebenslanges Training, und lebens-
erhaltend ohnehin. Letztlich die Motivation für derartige akribische Tätigkeiten.
Manche andere APO-Optiken wären mit diesem Ergebnis bereits zufrieden. Nicht so ein Wolfgang Busch mit einem Zeiss_B-
Objektiv.
Farbreine Apochromaten werden heute von Zeiss nicht mehr gebaut. Aber allein die Technik von 1930 im Zeitalter der
damaligen Inflation nachzuvollziehen ist eine hochinteressante Angelegenheit.
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Viele Dank für Eure Antworten! Zur Farbreinheit möchte ich folgendes erwidern:
Quote:
Zitat: "Ohne Zweifel ist dieser Objektiv-Typ das farbreinste, was ein Voll-Apochromat von Zeiss überhaupt zu bieten
hat."
Glaube ich kaum, denn die APQs dürften da wesentlich besser sein.
Auch der Sterntest sieht ja fürchterlich bunt aus, wie bei einem China-Böller:twisted:
Der Sterntest ist bei 1620-facher Vergrößerung fotografiert. Da spielen auch Beugungs- und Farbzerlegungs-Effekte
eine Rolle. Bei einem der so farbreinsten APOs wäre das erheblich bunter. Allerdings liegt Violett etwas weiter hinten,
und das sieht man, aber mehr auch nicht.
Nehmen wir deswegen den Foucault-Test, bei dem die Messerschneide etwa in die Mitte des sekundären Spektrums zu stehen kommt.
Da wäre das Foucault-Bild eines Normalo-APOs wiederum sehr viel bunter:
Nehmen wir schließlich das arithmetische Mittel aus der Differenz (Blau-Grün) und (Rot-Grün) = 0.012 mm und vergleichen es mit der Tiefenschärfe dieser Optik zu 0.2369, dann bekommen wir eine IndexZahl von 0.05065 heraus, und das ist dem besten TMB-APO um den Faktor 3x besser.
Es liegt wohl an meinem nicht so ganz augenfälligen Beispiel und der Aufforderung an mich, das mit dem Sterntest an einem Kugelspiegel ebenfalls unter Höchstvergrößerung zu wiederholen.