F069B * Simulierter Astigmatismus in RoC
Interferogramm im Krümmungsmittelpunkt oder in RoC = Radius of Curvature
Einen guten Autokollimations-Spiegel zu bekommen, ist nicht leicht, und zudem sehr, sehr teuer, wenn man
dazu ein Certifikat haben möchte. Und selbst wenn das alles stimmt, dann kann man die Genauigkeit dieses
Spiegels über eine falsche Lagerung deutlich beeinflussen. Da glaubte vor langer Zeit ein Astro-Händler -
- damals Gräfelfing, er könnte den Planspiegel mit drei Punkten auf einer Holzplatte fixieren, was ihm aber
die Holzplatte verübelte ...
Um dieses Manko zu beseitigen, testet man ohne Kollimations-Spiegel im RoC eines Rotations-Paraboloids,
(was auch eine Ellipse oder Hyperbel sein könnte) und braucht dazu aber dann exakt den Radius auf der
Achse, und genauso exakt den opt. wirksamen Spiegeldurchmesser. Und das nützt auch nur wieder, wenn
das Igramm kanten-scharf ist, weil bereits ein Pixel den Strehl verändern kann. Und genau diese Probleme
erschweren die RoC-Auswertung wieder und machen sie unscharf. Der dabei jedoch auftretende Hauptfehler
ist der Astigmatismus, als "Strehl-Killer" Nr. 1. Deswegen kann es sehr sinnvoll sein, sich mit diesem Astig-
matismus etwas eingehender zu befassen.
Bei großen und dünnen Spiegeln kumulieren sich also alle die gerade aufgezählten Probleme, und so geht
man freiwillig in den RoC Testaufbau, um zunächst auf Astigmatismus zu prüfen. Und weil der ja über die
Lagerung induziert/eingeführt werden kann, dreht man den Newton f/4 Spiegel und erkennt, daß sich der
Astigmatismus mitdreht - ein sicheres Zeichen, daß er zum Spiegel gehört. In der Pos 0 verformen sich
die Ringe horizontal-elliptisch (extrafokal) in Pos 1 vertikal-elliptisch (extrafokal) Dabei überlagert sich
jedoch der lagerungs-bedingte Astigmatismus mit dem spiegel-eigenen Astigmatismus.
Astigmatismus: in Pos 0 horizontal Astigm = L/5.8 oder Strehl = 0.979 also vergleichweise gering, aber
nachweisbar.
Astigmatismus: in Pos 1 Vertikal = L/2.3 oder Strehl = 0.874 und damit deutlicher: Beide über AtmosFringe
ermittelt.
Dünne Spiegel fallen wie ein Pizza in sich zusammen, indem sie der Schwerkraft folgen. Wenn nur der
spiegelbedingte Astigmatismus so liegt, daß die Punkte 09:00 und 15:00 Uhr hervorspringen, dann
kompensiert dieses Zusammenfallen diesen Astigmatismus mit Gegendruck, wie man in der Abbildung
Pos 0 sehen kann. Dieser Vorgang läßt sich zusätzlich dadurch variieren, indem man die beiden
120° Lagerungs-Punkte nach vorne zur Spiegelkante schiebt. Dadurch "fällt" der Spiegel mit seinem
Eigengewicht nach hinten, wo er mit einer kleinen Kraft oben gegen die Rückwand drückt, die zusätzlich
gegen den Astigmatismus drückt. In einem solchen Fall bekommt man als Astigmatismus L/6.2 PV
oder einen Strehl von 0.981, also noch etwas geringer, als er ohnehin in dieser Pos 0 im Gleichgewicht
hat. In Pos 1 beobachtet man den umgekehrten Vorgang: der Astigmatismus wird ein wenig verstärkt.
Natürlich kann man diesen von einigen als "Knick-Astigmatismus" titulierten Lager-Astigm heraus-
rechnen, was ja vor einiger Zeit im Rahmen der mrr-Aktion große Diskussionen verursachte. Im heutigen
Fall ging es mir um die Reproduzierbarkeit in der Praxis, und die Frage, wie sicher man den Astigmatismus
isoliert mit AtmosFringe messen kann.
Die kleine eingeblendete Wellenfront-Darstellung jeweils rechts unten läßt nur einen tendentiellen Vergleich
zu. Man erkennt aber eindeutig, daß sich der Astigmatismus gedreht hat, wobei die rote Einfärbung anzeigt,
daß hier die Fläche "hervorspringt".
Mit folgendem Schau-Bild wäre die Systematik erklärt, wie dieser Sachverhalt entsteht.
Um also überprüfen zu können, ob AtmosFringe einen simulierten Astigmatismus richtig berechnet folgen
zwei Beispiele mit "Newton-Ringen", wie man sie mit dem optical Design Programm Zemax erzeugen kann.
Die erste Simulation entstand an einem Newton-Spiegel, dem eine torische BK7 Platte vorgeschaltet wurde.
Damit kann man einen "reinen" Astigmatismus 1. Ordnung simulieren mit L/2 PV. Im folgenden Bild oben
die ZEMAX Werte, darunter links das übliche Streifen-Interferogramm mit AtmosFringe-Auswertung und
rechts daneben die Newton-Ring-Darstellung, ebenfalls mit AtmosFringe ausgewertet. In beiden Fällen
nahezu das gleiche Ergebnbis.
Eine zweite Simulation zeigt einen RoC Testaufbau mit einem torisch verformten L/4 PV verformten Kugel-
spiegel, mit ähnlich genauer Auswertung über AtmosFringe.
Die Streifenbilder bei der Roc-Auswertung lassen die wichtigsten Abblidungsfehler nahezu nicht erkennen.
Also sucht man über den Umweg der Newton-Ringe, die bei der Defokussierung entstehen, den Astigmatismus
dazustellen und isoliert zu berechnen. Natürlich immer in Zusammenhang mit dem lagerungsbedingten
Astigmatismus. Auf diese Art bekommt man eine gewisse Sicherheit bei dem nicht ganz einfachen RoC-
Auswert-Verfahren. Da man Coma grundsätzlich deaktivieren kann, verbleiben neben Zonenfehlern und abfallender Kante in der Hauptsache die Über- oder Unterkorrektur. Und damit steigt die Sicherheit, einen
Newton-Spiegel in RoC einigermaßen sicher zu messen. Bei große Spiegeln empfiehlt sich die Gegenkontrolle
am Stern über ein Ronchi-Gitter oder den Roddier-Test,