Hallo Kurt,
vielen Dank für Deine wieder mal sorgfältige Untersuchung. Was Deine Beurteilung der Verfahren A und B betrifft, bin ich völlig Deiner Meinung. Ich möchte aber einige Worte zu dem verwendeten Begriff Schnittweitendifferenz (SWD) und seiner Bedeutung für die wellenoptische Bildqualität sagen, also zu dem, was man tatsächlich mit den Augen sieht oder mit seiner Kamera aufnimmt. Der Begriff SWD stammt ja aus der Strahlenoptik, die nur eine ziemlich grobe Näherungsbeschreibung der tatsächlichen Verhältnisse liefert.
Mit SWD in diesem Zusammenhang ist der Unterschied der Achsschnittpunkte verschiedener Strahlen gemeint. Die Strahlen einheitlicher Farbe können das optische System in unterschiedlicher Höhe (Öffnungszone) durchlaufen haben und deshalb diese Achsdifferenz haben (Öffnungsfehler oder 'sphärische Aberration'), oder es kann sich um Strahlen verschiedener Farbe aber mit gleicher Öffnungszone handeln ('Farblängsfehler'). Offensichtlich kann man also nicht von einem Farblängsfehler an sich sprechen, sondern muss immer die Öffnungszone angeben, in der gemessen wurde. Häufig wird behauptet, dass die SWD der Öffnungszone 0.707 (1/wurzel(2)) entscheidend für die wellenoptische Bildqualität ist. Das stimmt so überhaupt nicht. Richtig ist, dass für Systeme, die keine Öffnungsfehler höherer Ordnung haben, also 'langsame' Systeme, die SWD dieser Zone verschwinden muss, um die für dieses System bestmögliche Bildqualität zu erreichen. In der üblichen Darstellung des Farblängsfehlers müssen sich also die Kurven der verschiedenen Farben in dieser Öffnungszone schneiden. Wie gut diese 'optimale' Bildqualität aber tatsächlich ist, kann man daraus überhaupt nicht ableiten, dazu muss man die Schnittpunkte aller Öffnungszonen kennen. Für 'schnelle' Systeme, also bei Anwesenheit von Öffnungsfehler höherer Ordnung, ist nicht einmal die Zone 0.707 richtig, hier hängt die optimale Zone von der Verteilung der höheren Fehlerordnungen ab.
Möglicherweise gibt es Menschen, die aus Erfahrung bei allen denkbaren Fehlerverteilungen die optimale Zone erraten können und da dann die Schnittweitenmessung reproduzierbar genau durchführen. Wie ich oben versucht habe darzustellen, kann aus solchen Messungen aber nicht abgeleitet werden, wie groß der wellenoptische Farbfehler ist. Dies kann aber z.B. mit dem von Dir hier vorgestellten Verfahren erreicht werden.
In meinen Augen ist also Dein Verfahren B nicht nur reproduzierbarer (für normale Sterbliche) als Verfahren A, sondern sogar das einzige der beiden, das einen brauchbaren Wert liefert.
Gruß
Hans-Jürgen