E013A immer wieder Strehl

 D045  C11 Star Bright XLT Nr. S29114    [http://www.astro-foren.de/showpost.php?p=61258&postcount=13]

Quote:

Was ich nicht verstehe ist so ein Testergebniss, den 1/8 wellenfront p.t.v ( ohne Koma, ohne Asti sogar 1/18 ) und über
96 % Strehl stellen ein optisches Systemmit extrem hoher Qualität dar. Dein defokusierter Sterntest und Rauheitstest sind jedoch
weit weit von solchen wahnsinnswerten weg. Dein In-Fokussterntest dagegen zeigt wirklich eine gute Optik mit gutem Kontrast
zwischen Beugungscheibchen und Beugungsring. Deine Interferogramme die du wohl zur Auswertung nimmst, mögen wohl solche
Werte ergeben Das sichtbare Streulicht im defokusierten Sterntest und im Lyot Test dagegen sprechen ein No Go für solch einen
hohen Strehl. Die stark sichtbaren Zonenfehler im defokusierten Sterntest sagen ebenfalls No Got für 1/8 wellenfront p.t.v.
Für mich passen deine Interferometrische Auswertung nicht mit dem defokusierten Sterntest und nicht mit dem Rauheitstest
zusammen. Gefühlsmäßig gebe ich dem System 80% Strehl und 1/4 wellenfront p.t.v. aber nicht mehr.


Den Anlaß für diesen Beitrag liefert der obere Link, weil in solchen Beiträgen - auch noch von einem Händler - ein völlig unzulässiger
Strehl-Begriff 
über die Foren transportiert wird. Obwohl das Internet an Informationen zum Begriff Strehl regelrecht überfließt, scheint
für einige "die Erde immer 
noch eine Scheibe zu sein!"

Auf einem Zeiss-Zertifikat in diesem Beitrag ist zur Definitions-Helligkeit (= Strehl, nächstes Bild unten) folgendes zu lesen:

Zit:"Definitionshelligkeit - Normierte Intensität im Bildpunkt
Die Definitionshelligkeit errechnet sich aus dem rms-Wert und erreicht bei einem idealen optischen System den Wert 100%"

APQ97003_05B.jpg

( Bei rms = 11 nm und 632.8 nm wave Wellenlänge ergibt das rms = Lambda/57.52 oder Lambda*0.017383059 oder 98.81% Definitionshelligkeit )

Die dazu nötige Formel lautet (über Taschenrechner ermittelt) Strehl = 2nd e^x (-(2*Pi*rms)^2)  RMS-Wert in Strehlwert umrechnen
(Es ist also nur der rms-Wert in die Formel einzusetzen, keine Transmission, keine Reflektivität, keine Rauhheit etc, die alle nichts mit dem Strehlwert zu tun haben. 
Auch ein unbelegter Spiegel hat seinen spezifischen Strehlwert.)

Optikprüfung mit Laserinterferometrie, Peter Rucks ...... In diesem Beitrag schreibt der Meßtechniker Dipl.-Phys. Peter Rucks, Zeiss, folgendes:

Quote:


Ein weiteres wichtiges Ergebnis der laserinterferometrischen Messung ist die Strehlsche Definitionshelligkeit (auch nur "Strehl" genannt), welche aus
dem rms-Wert errechnet wird. Sie ist definiert als das Verhältnis der Maximalintensität im zentralen Beugungsscheibchen der realen Abbildung eines punkt-
förmigen Objekts zu der Intensität, die in einer absolut fehlerfreien Optik bei gleicher Öffnung und Wellenlänge theoretisch dort erreichbar wäre. Da in der
Praxis kein optisches System absolut fehlerfrei ist, wird dieses Verhältnis immer kleiner als Eins sein (bzw. < 100% bei Prozentangabe). Die Definitions-
helligkeit ist nur von der Abbildungsqualität abhängig und nicht - wie 
fälschlich manchmal angenommen - von Reflexions- oder Trans-
missionseigenschaften einer Optik
. [Anm: Dazu zählt auch die 'Rauhheit' von opt. Flächen, die lediglich Streulicht einführen, was sich jedoch kaum
quantifizieren läßt.]

Die TU Ilmenau liefert zur gleichen Thematik folgende Information:  TU-Ilmenau_A ,   TU-Ilmenau B   

Die folgende Übersicht mit Beispielen (Spherical, Koma, Astigmatismus) fußt auf dieser Information

StrehlDef.png

In keiner dieser Veröffentlichungen ist im Zusammenhang mit dem Strehlbegriff von Transmission, Reflexions-Eigenschaften, Rauhheit etc. ansatzweise die Rede. Bei der Rauhheit hat man besonders ein Definitions-Problem, in welchem Dimensions-Bereich man diese überhaupt ansiedeln möchte.

Das folgende Bild stellt ein gezeichnetes Interferogramm dar. Das linke Beispiel würde zu einem perfekten System gehören, also ohne Rauhheit etc. .
In das rechte Beispiel ist die Rauhheit einer "Schallplatte" eingearbeitet mit der Frage, ob sich bei einem solchen Interferogramm der Strehlwert ändert?
Es passiert also nichts! Wie weiter oben mehrmals ausgeführt, gehört die Rauhheit N I C H T zum Strehl-Begriff. [Die unteren Strehl-Schwankungen auf
der 3. Nachkomma-Stelle sind der Anzahl der benutzen Punkte zuzurechen. Bei vielen Punkten, wird die Berechnung etwas ungenauer.]

Z_Rauhh.png

Auch im Bereich der obstruierten Systeme läßt sich der Vergleich zu unobstruierten Systeme über den Strehlwert nicht ziehen: Die Energie-Verschiebung bei obstruierten Systemen findet keinen Niederschlag im Strehlwert, was trotzdem manche nicht daran hindert, beide Systemvarianten über den Strehl- wert vergleichen zu wollen.

Z_Obstr.png

Wie sind denn nun die Begriffe Wellenfront, Strehl, Interferogramme aufzufassen ?

Der Begriff Wellenfront, wie er über die  Zernike Koeffizienten  systematisiert wird, beschreibt die Topografie, nicht die Feinstruktur einer Fläche. Bei
der Feinstruktur geht es um unterschiedliche Dimensionen, die man betrachten möchte: üblich sind 1 mm^2, die "Rauhheit" bezieht sich eigentlich auf 1 cm^2.  
Der Begriff "Rauhheit" , wie er über den  Lyot-Test  dargestellt wird, ist also nicht exakt definiert. Unser Begriff von Rauhheit hat eher etwas mit den
Schlieren bzw. der Homogenität  in der Schmidtplatte zu tun.
In unserem Fall verursacht diese "Rauhheit" etwas mehr Streulicht, hellt also lediglich den Bildhinter-
grund etwas auf und hat, ebenso wie Transmission, Beschichtung etc. nichts mit dem Strehl-Begriff zu tun, der ein reiner "topografischer" (wellenoptischer) Ver-
gleichsbegriff
ist zwischen dem SOLL und dem IST einer Optik.

Siehe auch:   Scratch/Dig Reference Chart

Während beim Foucault-/Ronchi-Test die Topografie der Fläche dargestellt wird, erkennt man im Lyot-Test die Feinstruktur der Fläche im cm^2 Bereich
und liegt damit weit über den normierten Scratch/Dig-Einheiten. Der Begriff "Rauhheit" ist hier eine Mischung von Schlieren-Effekten und einer etwas un-
sanften Oberflächen-Retouche im cm^2 Bereich und ist deshalb aus verständlichen Gründen nicht normierbar.

C11_DrH_04.jpg

Siehe dazu diesen Bericht: Spiegel-Rauhheit im Vergleich - Übersicht von Newton-Spiegeln
Zit:"Gefühlsmäßig gebe ich dem System 80%" gibt es in einer ernstzunehmenden Diskussion nicht.

Z_H-Linien.jpg

Eine Diskussion zu diesem Sachverhalt mit dem eingangs zitierten User ist nicht "zielführend"[Zit. Merkel], da die Aussagen der ausgewiesenen Experten eindeutig sind. Deshalb schließe ich diesen Beitrag vorsichtshalber ab. Einen Strehl-Wert aus dem Sterntest ableiten zu wollen, ist Kaffeesatz-Leserei. Der Sterntest zeigt viel, aber nicht den Strehlwert !

-------------------------------------------

Obstruktion und sphärische Aberration (Spherical) Strehlwert und Obstruktion -

Auch bei der Obstruktion wird der Versuch gemacht, den Strehl-Begriff umzudeuten, indem man die Energie-Verschiebung in den 1. Beugungsring
vom Strehl-Wert abzuziehen versucht. Auch in diesem Fall ermittelt sich der Strehlwert aus dem RMS-Wert, und der entsteht ausschließlich über
die Topografie der Wellenfront. Der Beugungseffekt geht also in den Strehl nicht ein. Dazu bietet der Zeiss Meniscas ein interessantes Beispiel, weil
bei diesem aktuellen Teleskop eine leichte Überkorrektur im Spiel ist, die ebenfalls etwas mehr Licht in den Beugungsring verschiebt.

Men180_01.jpg

Bei obstruierten Systemen beobachtet man einen deutlicheren Beugungsring, gut auf dem Foto zu sehen. Die Auflösung, die man über das Foto
ermitteln kann, entspricht der Auflösung nach der Formel - zu finden bei Baader Tipps und Tricks . . .Strehlwert und Obstruktion -

Men180_02.jpg

Diese Energie-Verlagerung ist in der Point-Spread-Function 3D-Darstellung gut zu sehen. Kommt noch Spherical hinzu, dann geht das Maximum in der
Mittel etwas zurück.

Men180_03.png

Die "M"-förmigen Bögen des Interferogrammes wären ein weiterer Hinweis auf die Überkorrektur.

Men180_04.jpg

Die 3D-Darstellung der Wellenfront zeigt auf andere Art die Überkorrektur

Men180_05.jpg

Das Focault-Bild entspricht dieser Darstellung

Men180_06.jpg

und abschließend die differenzierte Darstellung der Restfehler:
Die Überkorrektur ist mit PV L/4.4 beteiligt, ohne Überkorrektur wäre der PV-Wert bei Lambda/6.9 bzw. ein Strehl von 0.974.
Die anderen Restfehler sind verschwindend klein. Man wird diesem System also nicht gerecht werden, wenn man sich auf den
Gesamtstrehl von 0.844 fokussiert, und dieses System damit abwertet. An dieser Stelle ist der Strehlwert für eine
Beurteilung zu einseitig: Man wird die Glätte des Systems, die Farbreinheit und die perfekte Zentrierung unbedingt
berücksichtigen müssen und man wird feststellen, daß dieses System am Himmel erstklassige Leistung erbringt.

Men180_07.jpg