E057 Vertikaler Sterntest bei 20 inch Spiegel - Astigmatismus
Astigmatisch oder nicht?
http://de.wikipedia.org/wiki/Astigmatismus_(Optik)
http://rohr.aiax.de/AKA03.jpg, http://rohr.aiax.de/@zern004.jpg, http://rohr.aiax.de/@zern005.jpg
http://rohr.aiax.de/@asti03.jpg, http://rohr.aiax.de/@ATest03.jpg
kleiner Test auf astigmatische Augen
Der Astigmatismus als opt. Zweischalen-Fehler kann den Strehlwert ganz schnell minimieren. Bei Linsen-
Objektiven kann dieser Fehler durch die Fassung aber auch durch die Lage des Objektivs verursacht sein.
Seltener steckt er direkt im opt. System selbst. Bei SC-Systemen vermute ich ihn in der Schmidtplatte, wenn
sie beim Schleif-Prozeß nicht exakt aufgespannt worden ist. Bei kleineren Spiegeln ist er "eingebaut", bei
größeren Spiegeln oft ein Problem der Lagerung und vor allem auch ein Problem, aus welchem Material der
Spiegelträger selbst ist. Oft werden aus Plattenglas runde Scheiben ausgeschnitten, und für diesen Fall spielt
dann auch die Fließrichtung des Glases eine Rolle - entsprechend unterschiedlich biegt sich dann der Spiegel
bei senkrechter Lagerung in einer Schlinge bzw. ein einer 120° Wippen-Lagerung durch.
In diesem speziellen Fall geht es um die Frage, wieviel spiegeleigener Astigmatismus verbleiben denn dann
wirklich am Stern selbst, und nur dann stimmt die Beurteilung des Spiegels. Und selbst dann macht es noch
einen Unterschied, ob man den Spiegel in Zenit-Nähe oder am Polar-Stern prüft.
Auch der Fangspiegel sollte keine weiteren Fehler einführen, also perfekt sein. Der Offset-Punkt sollte eben-
falls stimmen, damit nicht über Vignettierungs-Effekte ein falsches Ergebnis vorgetäuscht wird. Bei f/4
Newton-Systemen spielt bei mittleren Okularbrennweiten noch die exakte Stern-Position auf der Achse (in der
Feldmitte des Okulars) eine Rolle, weil man sonst Koma-Bilder zu sehen bekommt und das Ergebnis erneut
verfälschen. Es bleibt also nichts anderes übrig, am Stern in Zenit-Nähe mit einem ganz kurzbrennweitigen
Okular einen Newton-Spiegel an nicht zu hellen Sternen zu prüfen, ob Astigmatismus vorhanden ist oder nicht.
"Vakuumkamera" von LZOS Lytkarino
Das ist ein 72 m hoher Turm, in dem die Spiegel der russischen Spionagesatelliten horizontal liegend im Strahlengang vertikal gemessen werden.
Es begann damit, daß dieser Spiegel in gleicher Weise (wie beim Hersteller auf dessen Webseite zu studieren)
im 180° Band im Gleichgewicht frei schwingend hängt. In Position Null beim Sterntest im Krümmungsmittel-
punkt von R = 4047 mm extrafokal mit einem 2 mm Nagler Zoom ein sehr gutes Bild, um 90° clockwise ge-
dreht eine elliptische Verformung zeigte. Bereits die Position Null kann eigentlich so nicht stimmen, weil der
500 mm Spiegel eigentlich in sich zusammen fallen muß und dies bei strenger Prüfung auch zeigt. (Der
Spiegelrand = 50 mm breit, das Gurtband hingegen nur 35 mm, damit man nicht in der Nähe der Spiegelkante,
diese wiederum verformt.)
Während in Position Null (roter Pfeil nach oben) bei ca. 1000-facher Vergrößerung das Sternbild mit Luftunruhe recht
ordentlich aussieht, dreht sich bei Pos. + 90° (roter Pfeil nach rechts) offenbar ein vorhandener Astigmatismus mit in
der Form:
Pos. Null = Astig(Spiegel) - Astig(Lagerung)
Pos. +90° = Astig(Spiegel) + Astig(Lagerung)
Wolf-Peter Hartmann erzählte auf dem Bayerischen Teleskop Meeting die mir eigentlich bekannte Tatsache, daß groß-
dimensionierte Newton-Spiegel senkrecht geprüft werden in einem Prüfturm. Im vorliegenden Fall zeigte ein 20 Zoll f/4
Newton-Spiegel je nach Lagerung die unterschiedlichsten Formen von Astigmatismus, also auch drei-eckigen, sodaß
selbst die Philosophie, daß man über eine 90° Drehung des Spiegels selbst den spiegel-eigenen Astigmatismus ermitteln
könne, höchst fragwürdig wurde. Diesen sogenannten Lagerungs-Astigmatismus kann man dann beruhigt herausrechnen
und abziehen, wenn der Sachverhalt eindeutig ist. Aber das kann ein langer Weg sein, und auch die noch so genaue
Band-Lagerung im Gleichgewicht, wie man sie auf den Webseiten einiger Hersteller findet hilft nichtbei der Lösung des
Problems. Um einen größeren Newton-Spiegel mit einfacher Genauigkeit prüfen zu können, muß man tatsächlich über
ein Kompensations-System in einen Prüfturm, den ein normaler Amateur-Prüfer nicht hat - aber er hat ein comfortables
Treppenhaus, und dort läßt sich die Meßstrecke von 4047 mm problemlos in der Vertikalen realisieren. Am Ende muß
aber auch ein Sterntest - möglichst mit Dokumentation - endgültige Klarheit bringen.
Nachts um 02:00 Uhr, wenn die Gattin schläft, wird ihr heiliges, ziemlich teures Treppenhaus in einen Prüfturm umfunk-
tioniert. Nur das Vakuum würde man als Prüfer nicht überleben, also hat man es auch hier mit der üblichen Luftbewe-
gung zu tun. Die gedrechselten Verbindungs-Stäbe dienen zweckentfremdet als Halter für den Prüftisch, natürlich so,
daß man keine Blessuren hinterläßt, wenn einem der Familien-Frieden etwas wert ist.
Mit einem Laserpointer von oben läßt sich problemlos der einen Stock tiefer gelagerte Hauptspiegel in die richtige Lage
bringen. Danach schaut man sich einen künstlichen Stern, 20µ Durchmesser mit einem 2 mm Okular, Nagler Zoom, an.
Im ersten Durchgang lag der Spiegel auf einer Blasenfolie, 2 cm Blasengröße, wie sie zur Isolation es eigenen Gewächs-
hauses hervorragende Dienste leistet. Aber auch hier ist noch nicht restlos garantiert, ob der Spiegel absolut verfor-
mungsfrei gelagert ist.
Bei ganz kritischer Beobachtung könnte man noch einen Astigmatismus in Richtung 07:00 - 13:00 Uhr ausmachen, was
aber in der Luftbewegung unterzugehen scheint.
Deswegen ein zweiter Versuch über die Lagerung auf den Luftkammern einer Luftmatraze. Hier sollte der Spiegel
gleichmäßig von unten gleichmäßg gelagert sein. Diese Lagerung wurde zweimal wiederholt mit immer gleichen
Ergebnissen.
Aber auch hier erkennt man noch eine Veränderung des Sternscheibchens, wobei die Vergrößerung mit dem 2 mm Okular
bei ca. 1000-fach liegt und damit hinreichend genau sein sollte. Ein letzter Test wird hoffentlich am Himmel selbst Klar-
heit bringen, wenn der Spiegel auf einer 18-Punkt Lagerung auf der Achse zeigen soll, ob er frei von Astigmatismus ist
oder nicht. Und dann läßt sich ein Astigmatismus eindeutig als Lagerungs-Astigmatismus abziehen, und einigen fiele
ein großer Stein vom Herzen.