E006A Oberfläche oder Wellenfront messtechnisches Problem
Oberfläche oder Wellenfront ???
5. März 2012
Dem Thema liegt auch ein zweijähriger Streit zugrunde, den ich einstens mit einem Feinoptiger hatte, der viele opt. Flächen herstellte, der demzufolge
seine Meßergebnisse immer auf Oberflächen bezog. Der Streifenabstand eines Interferogrammes beträgt in diesem Fall 1 X Lambda. Werden hingegen
opt. Teleskopsysteme in Autokollimation vor einem Planspiegel im Unendlichen geprüft, dann hat man es mit Wellenfront-Deformation zu tun. Der Streifen-
Abstand eines Interferogrammes beträgt dann 0.5 X Lambda.
Auf diese Anfrage möchte ich deshalb hier antworten:
Quote:
Es geht um die Oberflächengenauigkeit von Spiegeln und Linsen. Die werden üblicherweise ja in Lambda/Wave angegeben. 1/4 Lambda/Wave ist so unterer Standard – es gibt aber auch 1/10 Lambda/Wave Oberflächen und vielleicht mehr.
1) Wie ist es denn, wenn ein Lichtstahl zweimal an so einer Oberfläche reflektiert wird, addieren sich die Fehler auf? Also klassisch beim Newton HS (1/8) und FS (1/8) und raus käme (2/8) = 1/4 Lambda/Wave? Die Literatur sagt ja, Fehler werden addiert. Ist das dann so einfach wie im obigen Beispiel?
2) Wie ist das dann bei einer Linse, bzw. wenn zwei Linsen passiert werden – dennoch wie beim Newton(spiegel)beispiel oben, einfach aufaddieren?
3) Und drittens: Wie verhält sich das bei einem rückseitig verspiegelten Glaselement, z.B. einer Manginlinse, das müsste (wenn das Additionsmodell noch stimmt), ja von vorherein doppelt sein: 1x Linseneintritt und 1x Reflexion an der Verspiegelung.
Ich frage deswegen nach, weil ja bei komplexen optischen Systemen (du weißt ja ich hab einen Klevtsov, gilt ja aber auch für die ACF, EdgeHD u.a.) die Einzelelemente extrem genaue Oberflächen haben müssten, wenn sich die Fehler aufaddieren würden um am Ende noch beugungsbegrenzt zu bleiben. Beim Klevtsov gibt es ja 3 optische Elemente von denen 2 auch noch doppelt durchlaufen werden.
Eine Qualitäts-Angabe, die sich auf eine Oberfläche bezieht, gibt es in der Regel nur bei einer einzelnen Spiegelfläche, als z.B. Kugel- und Parabol-Spiegel,
oder irgendwelche Planspiegel. Diese Qualitäts-Angaben muß man entsprechend umrechnen. L/4 der Oberfläche wäre nur L/2 der Wellenfront,
aus der aber der Strehl berechnet wird. Will man einen Spiegel mit L/10 der Wellenfront, dann muß die Genauigkeit der Oberfläche L/20 betragen.
Bei Pörschke lautete eine Qualitäts-Angabe:Oberflächengenauigkeit λ/8 @ 632.8 nm. Das wären L/4 der Wellenfront @632.8 nm
Test-Anordnungen RoC, Autokollimation, Planflächen, Setup, Parabel-Kompensation
A) Newton-Spiegel werden in der Regel entweder im Krümmungsmittelpunkt vermessen, oder in Kompensation durch/über eine Sphäre. Da wäre der Streifenabstand eines Interferogrammes 1 x Lambda. Gegen einen Planspiegel vermessen, passiert das Licht den Newton-Spiegel 2 x und deswegen ist der Streifenabstand 0.5 x Lambda.
Der Oberflächenfehler von PV L/8 wäre ein Wellenfrontfehler von PV L/4. Die Oberfläche muß also doppelt so genau sein. PV L/8 der Oberfläche eines Spiegels ist also
nur PV L/4 der Wellenfront.
B) Bei einem opt. System, wie es die meisten Teleskope darstellen, interessiert nur die Gesamt-Wellenfront-Deformation, wie sie über ein Interferogramm dargestellt
werden kann. Aus ihr wird dann auch der Strehl-Wert berechnet mit Streifenabstand von 0.5 x Lambda. Gemessen wird die Topografie der Wellenfront, nicht etwa
die Feinstruktur. Angegeben wird der Wert in RMS oder in Strehl. Die Interferenzstreifen kann man als Höhenlinien einer Landschaft auffassen.
C) Bei einer spiegelnden Fläche muß die erforderliche Flächengenauigkeit etwa um den Faktor 4 besser sein, als bei einem Refraktor-System mit brechenden Flächen.
Die "Rauhigkeit" bei einem Refraktor ist deshalb lange nicht so kritisch, wie bei einem Spiegel. Die Rauhigkeit geht nicht in den Strehlwert ein!
Ad 01: Diese Situation gibt es in der Regel nicht - beim Herrig-Schiefspiegler schon. Anders ist es beim Newton-System. Da addieren sich auf der Basis der
Zernike-Koeffizienten die Fehler von Haupt- und Fangspiegel, können sich deshalb auch kompensieren z.B. wenn bei beiden Spiegeln Astigmatismus im Spiel ist. Wer es
ganz genau haben will, müßte den Newton+Fangspiegel vor einem Planspiegel als System vermessen, dabei aber die Koma abziehen, weil ein Newton keine Koma auf der
Achse hat. Die Additions-Rechnung in Frage 1. ist deshalb falsch, weil sie nicht die Art der Deformation der einzelnen Fläche berücksichtigt.
Ad 02: Bei jedem Refraktor-Objektiv werden bis zu 8 Flächen vom Licht passiert, in Autokollimation über einen Planspiegel sind es dann 16 + 1 Flächen. Eine Addition
der Oberflächenfehler wäre nur auf der Basis der Zernike-Koeffizienten möglich wegen der kompensatorischen Wirkung einzelner Flächen zueinander. In der Regel
vermißt man jedoch nur das Gesamt-Objektiv, weil ein Teil der Wellenfront-Fehler (wie Spherical, Astigmatismus etc.) gar nichts mit der Oberfläche der Linsen zu
tun hat, sondern mit den Abständen, der Fassung etc. Wenn ein RC-System überkorrigiert reagiert, dann stimmt in der Regel der Spiegelabstand nicht. Bei Linsen
ist das ähnlich.
Ad 03: Bei einem Mangin-Spiegel bekäme das Licht 2x den Fehler der brechenden Linsenfläche aufgedrückt und 1x den Fehler der reflektierenden Spiegelfläche.
Dabei ist die reflektierende Fläche sehr viel anspruchsvoller, als die brechende Linsenfläche. Trotzdem wird in einem solchen Fall immer das Gesamt-System
in seiner Genauigkeit bewertet und beworben, und das kann bedeuten, daß sich einzelne Flächen gegenseitig kompensieren. Dafür gibt es dann auch Asphären,
wie es die Kegelschnittflächen darstellen, oder Flächen höherer Ordnung, wie z.B. eine Schmidtplatte. Und das wird dann auf Null retouchiert. Das heißt:
Man stellt die Einzelflächen auf das normale Maß her, setzt das System zusammen, und retouchiert dann die Fehler an eine der Teilflächen auf Null.
Ein Beispiel:
Das folgende Interferogramm könnte auf mehrere Arten entstanden sein:
a) ein Refraktor-Objektiv vor einem Planspiegel im doppelten Durchgang: Streifenabstand = PV L/2
b) Ein Kugelspiegel im Krümmungsmittelpunkt im einfachen Durchgang: Streifenabstand = PV 1 x Lambda
c) Ein Parabolspiegel in Kompensation im einfachen Durchgang: Streifenabstand = PV 1 x Lambda
Bei folgendem Beispiel sieh man in der Mitte eine Obstruktion. Das kann sein
a) Ein Newton-Spiegel in Autokollimation, die Abstruktion ist der Fangspiegel oder die Bohrung vom Planspiegel
b) Irgend ein katadioptrisches System, SC, RC u.ä.
c) eine simulierte Obstruktion
Der Streifenabstand ist in allen Fällen PV 0.5 x Lambda