E017 Strehlwert und Obstruktion - Modulationsübertragungsfunktion

Modulationsübertragungsfunktion

http://www.epsilon-lyrae.de/Seeing/MTF1/ArtikelMTF1.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Modulations%C3%BCbertragungsfunktion

Ein visueller Stern-Interferometer im Eigenbau SuW 4/99
http://rohr.aiax.de/SuW_Eigen_Inter.pdf

Lieber Matthias,

herzlich willkommen hier in der Astro-Fan-Gemeinde. Laß mich zu folgender Frage mit einer synthetischen Simulation
antworten, die man leicht an einem künstlichen Sternhimmel wiederholen kann.
Quote:

Nur zu meinem Verständnis: Wie wirkt sich die höhere Obstruktion von z.B. 45% eines F4 Newtons fotografisch
gegenüber einem Newton mit 30% aus ? Ist das überhaupt merkbar und wenn doch, wo würde ich den Kontrastverlust
bei der Fotografie mit z.B. einer DSLR eher merken: unter guten Bedingungen oder schlechten? Ist jemand so Nett und
erklärt das einem ohne sich in optischen/technischen Details zu verlieren?



Für mein Auswertprogramm AtmosFringe, das vor allem die Obstruktion berücksichtigt bei der Point Spread Function
oder EnergieVerteilungsFunktion habe ich ein Interferogramm derart erstellt, daß der Durchmesser des künstlichen
Interferogrammes 100 Einheit sind, und sich die Obstruktion von 20%, 40%, 60% bis 80% steigern läßt. Nun entsteht
die Frage, was da im Einzelnen passiert? (Der 100% rote Umkreis ist erkennbar, ebenso die grauen Obstruktions-Kreise.
Die horizontalen schwarzen Linien stellen die Interferenz-Streifen dar.

QTest01.jpg

In der Wellenfront-Darstellung ändert sich zwar an den Flächenfehlern nichts, aber sie werden über die Obstruktion
sukzessive ausgeblendet, sodaß der von der Rest-Fläche ermittelte Strehl-Wert leicht variiert von Strehl = 0.996 bis
0.993.

QTest02.jpg

Was man nun sehr gut erkennt, wie sich über den Einfluß der Obstruktion die Lichtenergie vom Maximum allmählich in
die Beugungsringe verlagert und damit ein Sternscheibchen vom Durchmesser her größer wird bei einem obstruierten
System. Im Maximum steckt also weniger Energie. Mit der Strehl-Definition hat das erst einmal gar nichts zu tun.

Nun kommen aber die ganz Verwegenen, und versuchen das Strehl-mäßig gegeneinander aufzurechnen.
Nach dem Motto, man müsse doch die Obstruktion strehl-mäßig abziehen. Für den Strehl zählt aber wirklich
nur die Fläche, die von der Optik benutzt wird: Bei einem obstruierten System zählt also definitionsgemäß die
obstruierte Fläche nicht: Weshalb soll ich mit etwas vergleichen, was nicht vorhanden ist. Trotzdem wird
man bei visueller Nutzung eines Newtons einen möglichst kleinen Fangspiegel wählen und bei fotografischer
Nutzung die Vignettierung im Auge haben. Zwischen diesen beiden Anwendungen bewegt sich die Diskussion
um die Obstruktion.

QTest03.jpg

Es gibt noch eine praxis-nähere Möglichkeit, diesen Sachverhalt darzustellen. Im Krümmungsmittelpunkt ist ein Kugel-
spiegel die Idealform eines nicht obstruierten Systems und bei meinem künstlichen Sternhimmel mit Pinhole zwischen
3-5 Micron ergäbe das feine nadelscharfe Pünktchen. Ein solcher Kugelspiegel läßt sich leicht über Scheiben aus Ton
papier wie im oberen Verfahren abblenden. Und man würde erleben, wie sich die Lichtenergie vom Maximum allmählich
in die Beugungs-Ringe verlagert.

Bei der MTF-Kurve aber bekommt man einen Bereich, der sich für die KontrastÜbertragung sogar positive auswirkt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Modulations%C3%BCbertragungsfunktion


QTest02a.jpg

für die volle Auflösung bitte das Bild anklicken:



Im Falle eines drei-eckigen Astigmatismus schaut die Energie-Verteilung dann so aus:

QTest04.jpg

Mit diesem Newtonspiegel 450 mm Durchmesser f/4.5 wurde diese Aufnahme gemacht. Bei einem Vergleich mit anderen
Aufnahmen aus dem Web schneidet diese Aufnahme gar nicht so schlecht ab. http://www.harpoint-observatory.com/galerie/galaxien/ngc891.jpg

QTest05.jpg

Eine Aufnahme aus dem Internet - groß ist der Unterschied nicht.

QTest06.jpg

Nochmals die praktische Demonstration, was Obstruktion bei der Abbildung von winzigen Pinholes (3µ-5µ) bei einem ca.
L/10 PV wellenfront Kugelspiegel passiert: Je größer die Obstruktion, umso mehr verlagert sich die Lichtenergie in die
Beugungs-Ringe, wie bereits oben über die PSF simuliert.

QTest07.jpg

Viele Spiegel sind mehr oder weniger astigmatisch, also habe ich meinen Kugelspiegel um ca. 1 Lambda PV verspannt,
wie man an den Ergebnissen sieht. (Man sieht beim Spiegel die seitlichen Klammern, die eine Spannfeder auf der Rück-
seite halten. So ziehen diese Spannfedern den Spiegel bei 09:00 Uhr und 03:00 Uhr nach hinten, ganz so, wie es die
Wellenfront-Darstellung zeigt.

QTest08.jpg

Beim Astigmatismus 1. Ordnung bekommt man im Fokus ein wunderbares Kreuz. Bei einer Obstruktion verlagert sich
erneut die Energie in die Beugungsringe, allerdings kreuzförmig. Ein dreieckiger Astigmatismus verschmiert sich in
diesem Fall besser.

QTest09.jpg