Newton-Spiegel: auf den Strehl fixiert
Um Spiegel besser vergleichen zu können, sei auch dieser Bericht eines Zambuto-Spiegels empfohlen.
Es passiert vorwiegend auf irgendwelchen Astrotreffen. Da hat einer ein neues Newton-System mit einem guten Hauptspiegel.
Und weil in Anlehnung an Rainer Werner Faßbinder "Neid fressen Seele auf", gibt es also die ungebetenen Sachverständigen,
die, statt sich mit-zu-freuen, den neuen Dobson madig machen und was von Strehl schwafeln, und um wieviel besser doch so ein
Newton-Spiegel von Zambuto sei. Wer diese Spezies von Hobby-Astronomen kennen lernen will, der muß eigentlich nur so manche
"Foren-Korrespondenz" verfolgen - die man sinnvollerweise eher ignoriert. Ich habe sie tausendmal erlebt, die Alpha-Tiere
bei ihrem Kampf um Rechthaberei.
Knackpunkt bei Newton-Spiegeln ist der spiegel-eigene Astigmatismus. Und um genau den geht es erneut in meinem Bericht hier.
Ein Astigmatismus reduziert mitunter den Strehlwert dramatisch. Und die dabei wichtigste Frage lautet: Wie groß ist der spiegel-
eigene Astigmatismus. Gemeint ist also nicht
- der Lagerungs-Astigmatismus des Spiegels selbst. Auch nicht
- der Astigmatismus des Planspiegel incl dessen Lagerung. Auch nicht
- der Astigmatismus, der sich auf den I_Meter zurückführen läßt. Auch nicht
- der Astigmatismus, der über Seeing und andere Einflüsse entsteht. Nicht gemeint ist
- auch nicht der elliptische Fangspiegel und dessen Einfluß auf Astigmatismus. Gemeint ist ausschließlich
- der spiegeleigene Astigmatismus, und wirklich nur der.
Da stellt sich also die Frage, wie kann man den ermitteln?
Nun sollte man sich den Spiegel im Krümmungsmittelpunkt betrachten - RoC genannt. Dort betrachtet man ausschließlich
den Newton-Spiegel selbst, ohne Zusatz- oder Hilfs-Optik. Einen relevanten Astigmatismus sieht man in diesem Test-aufbau
sofort. Und In diesem Zusammenhang stellt sich sofort die Frage, ab welcher Größe sieht man Astigmatismus bei hoher
Vergrößerung und danach, wie dieser Fehler in das Zernike System einzuordnen wäre: Ist es ein Low-Order- oder ein
High-Order-Astigmatismus. Während man den Astigmatismus der Grundordnung bei hoher Vergrößerung noch sehen
würde, ist ein drei- oder mehr-eckiger Astigmatismus kaum auszumachen. Auch dieser Sachverhalt schränkt die Beurteilung
ein weiteres Mal ein. Es handelt sich also um dieses Bild: http://rohr.aiax.de/12NewB_15.jpg Der hier erkennbare Astigma-
tismus liegt also weit unter der Wahrnehmungs-Grenze, und kann somit neben der Koma deaktiviert werden. Dieses Bild
ist aber ein einfacher Nachweis, daß der Rest-Astigmatismus verschwindend klein sein muß - jedenfalls der Hauptspiegel
deshalb nahezu perfekt ist.
Die Geschichte begann damit, daß der RoC-Test ohne Beanstandung erfolgte http://rohr.aiax.de/12NewB_15.jpg und in
dieser Position die spätere Autokollimations-Messung vor dem Planspiegel erfolgte. Da ich bei solchen Messungen immer
auch diverse Plausibilitäts-Messungen durch führe, fand ich beim Interferogramm gegen den Planspiegel in dieser Position
plötzlich einen Astigmatismus, der vorher nicht vorhanden war. Irgendein Effekt zauberte mir plötzlich einen Rest-Astigma-
tismus in der Größe von PV L/1.7 - ein sehr heftiger Wert. In einem solchen Fall dreht man den Hauptspiegel versuchs-weise
um 90° nach rechts im Uhrzeigersinn, und schaut mal nach, zu welchem Ergebnis man jetzt kommt.
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Ohne große Erklärung erkennt man den Unterschied zwischen dem IGramm in Pos 0 (links) und der Position +90° (rechts).
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Die Darstellung der Wellenfront zeigt dadurch zwei deutlich unterschiedliche Ergebnisse L/1.7 das linke und L/6.2 das rechte. Man kann also sicher fest-
stellen, daß der spiegeleigene Astigmatismus wesentlich kleiner sein muß und deswegen die linke Auswertung in Pos 0 einfach falsch ist und dem Hersteller
nicht gerecht wird: Die Summe aller Teil-Astigmatismen hat sich also vermutlich sehr ungünstig addiert.
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Das rechts eingerahmte Ergebnis stellt deshalb schon eher die Wahrheit dar. Dabei setzt sich dieser Astigmatismus wie folgt zusammen:
Low-Order-Astigmatismus PV L/16.8
High-Order-Astigmatismus PV L/6.9, 3-eckiger Astigm/Trefoil , den man selbst bei hohen Vergrößerungen nicht sieht. Vergleiche auch mit
Bild zuvor, rechts.
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Dieses in RoC gewonnene Ergebnis hat einen sehr geringen Astigmatismus, der sich z.B. ebenfalls auswerten läßt.
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Bei einer solchen Auswertung käme ein Rest-Astigmatismus von PV L/9 heraus, und das wäre bei aller Vorsicht ein Wert, der sich
zumindest sogar noch unter dem Wert von PV L/6.2 liegt, also ganz allgemein ebenfalls außerhalb der Wahrnehmung liegt. Damit ist
ein signifikanter Astigmatismus ausgeschlossen und läßt sich somit abziehen.
Die foren-geprüften Kompetenz-Optiker würden mich jetzt vermutlich in eine sinnlose, aber bein-harten Diskussionen ziehen wollen,
wenn ich mich darauf einlassen würde, bzw. wenn ich hier nicht meine eigene Webseiten unterhalten würde. Es käme also der unver-
schämte Strehl-Wert von 0.998 heraus, über den ich mich nun wirklich nicht streite. Auch wenn dieser Wert nur 0.980 betragen würde,
wäre der Spiegel immer noch OK.
Der Aspekt der glatten Flächen - siehe auch dieses Bild
Der Strehlwert ist der eine Aspekt bei einer Newton-Spiegelprüfung. Er bezieht sich auf die Form der Fläche, nicht auf die Struktur der
Fläche. Er sagt also wenig aus zur Glätte der Fläche selbst, von der abhängt, ob der Spiegel mehr oder weniger Streulicht erzeugt, und
das mindert den Kontrast. Eine quantitative Messung der Rauhheit geht mit dem Nomarski-Mikroskop - eine teure Angelegenheit: Leider
mißt man damit auch nur eine Fläche von ca. 1x1mm^2 ujnd hat noch lange keine Index-Zahl, die sich auf die Gesamt-Rauhheit des
aktuellen Spiegels beziehen würde. Es müßte eine Streulicht-Vergleichs-Messung her, wenn es vergleichbar sein soll.
In unserem Fall wäre bereits der Ronchi-Gitter-Test ein guter Nachweis:
Wenn zwischen den hellen Streifen der Aufnahme unseres "Mini-Gartenzauns" von 13 lp/mm die Beugungs-Linie in der Mitte gut zu
sehen ist, und wenn es dazwischen noch "dunkel" ist, also ungestört ist von Flächen-Strukturen aus der Politur, dann hat man es
mit einem glatten Spiegel zu tun. Siehe hier einen Zambuto-Spiegel
Dieser 12" Spiegel kommt also der Qualität von Zambuto-Spiegeln sehr, sehr nahe - falls Zambuto überhaupt Spiegel schleifen kann,
die dem Anspruchs-Denken bestimmter Zeitgenossen genügen - die ohnehin glauben, daß Qualität verschenkt werden soll.
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Wenn ich nicht schon einen solch hochwertigen Spiegel hätte, ich würde ihn behalten und nimmer hergeben.
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