Die Unendliche Geschichte oder der steinige Weg zum Premium Spiegel 26. Januar 2008 Der Begriff Premium Spiegel ist offenbar hersteller-abhängig. Bei einem Coulter-Spiegel schließt das einen 3- eckigen Astigmatismus mit ein, bei einem Oldham-Spiegel wä
Die Unendliche Geschichte oder
der steinige Weg zum Premium Spiegel
26. Januar 2008 Der Begriff Premium Spiegel ist offenbar hersteller-abhängig. Bei einem Coulter-Spiegel schließt das einen 3-
eckigen Astigmatismus mit ein, bei einem Oldham-Spiegel wären die Merkmale "Zuckerhut" in der Mitte, rauhe
Fläche, deutliche Unterkorrektur und ein sehr lausiges ZEMAX-Certifikat. (Auf Website "Certificate of
Conformity" anwählen) Dort wird eine Foucault-Messung über ZEMAX in eine Flächen-Messung umgewandelt.
Man zahlt viel Lehrgeld und lernt dabei Spiegelschleifer kennen, die ihren Namen eigentlich nicht verdienen.
Es gäbe sie, die begnadeten Spiegelschleifer in USA, Rußland, Frankreich, Deutschland. Ihre Namen werden
als Geheimtyp gehandelt, ihre Lieferzeit ist lang und billig sind sie wirklich nicht - aber man spart sich unterm
Strich viel Ärger und auch viel Lehrgeld, wenn man Zeit und Geld richtig kalkuliert.
Die Geschichte hat also einen langen Vorlauf. Nach dem Coulter-Spiegel störte der ca. 1xLambda große Astigmatismus
eines Sandwich-Spiegels den Begriff "Premium" und es macht den Anschein, daß der Sternfreund doch noch mit einem
16-Inch f/4.5 GSO Spiegel die lange Durststrecke überstanden hat. (Auf mein Anraten nutzte der Sternfreund die Mög-
lichkeit, aus zwei recht guten Spiegel den besseren auszusuchen.
Am schnellsten geht das im Doppelpaß über einen genauen Flat. Leider hat man es aber dann mit einer Reihe von
Problemen zu tun: Der Astigmatismus aus dem Testaufbau, was sich herausrechnen läßt. Etwas schwieriger jedoch
ist die Behandlung der "best fit conic constant". Ein guter Spiegel ist aus thermischen Gründen immer leicht unter-
korrigiert, weil die Temperatur-Differenz zwischen Spiegel-Vorder und Rückseite bei wenigen Zehntel-Grad den
Strehl regelrecht verbiegt, auch bei Pyrex. Der Test gegen einen genauen Planspiegel wäre also ein perfekter Null-
Test im doppelten Durchgang, weil der aber grundsätzlich um ca. L/4 unterkorrigert wird, erscheint er bei diesem
strengen Null-Test schlechter, als er in Wirklichkeit ist: Er zeigt nämlich genau diese Unterkorrektur in Form eines
Flachen "W", und das senkt naturgemäß den Strehlwert. Ein weiteres Problem dieser Meßart ist die Mittenbohrung
des Planspiegels, die diesen Flächenanteil ähnlich ausblendet, wie später der ellipt. Fangspiegel. Versteckt sich dahinter
eine "Mulde" oder ein Oldham'scher Zuckerhut, dann kann man darüber philosophieren, wie man das bewertet.
Foren sind voll von derartigen Diskussionen.
Um auch den Testaufbau-bedingten Astigmatismus auszuschließen, ist eine Überprüfung der Rotations-Symmetrie im
Krümmungsmittelpunkt sinnvoll, um signigfikanten Astigmatismus auszuschließen. Bis zu einer Größe von L/3 PV wave
front wird er bei dieser Spiegelgröße am Himmel kaum wahrgenommen.
Jedenfalls liegt unter Abzug der Mitte und eines marginalen Astigmatismus der Strehlwert in einem vertretbaren Bereich,
wobei man für ca. 1000.- Euro doe nicht ganz so glatte typische GSO-Fläche verschmerzen sollte.
Die schaut jetzt, in einem Kompensations-Testaufbau durch eine Plan-Konvex-Linse so aus.
Seit dem Hubble-Desaster weiß man aber, daß bei diesem Meßaufbau die richtigen Abstände stimmen müssen. Trotzdem
hat man beim Kompensations-Testaufbau den großen Vorteil, daß man die best fit conic constant exakt auf Null prüfen
kann, wenn z.B. der Spiegel über die aktuellen Temperatur-Verhältnisse seine optimale opt. Parabelfläche hat. Jetzt
verschwindet die im Autokollimations-Setup erkennbare Unterkorrektur völlig. Und auch der Ronchi-Gitter-Test macht
bei einfachem Durchgang wie am Himmel einen guten Eindruck.
Bei diesem Kompensations-Setup hätte man zusammen mit den Linsen- und Spiegeldaten folgende Rechnung in ZEMAX:
Bei perfekter auf Null-figurierter Parabel mit einer conischen Konstanten von -1 hätte man einen Spiegel-Linsen-Abstand
von 2697.71 mm. Für diesen Abstand würde man dann ebenfalls die bereits oben im Interferogramm erkennbare
Unterkorrektur feststellen. Vergrößert man hingegen diesen Abstand, dann ist die Kompensations-Wirkung der Linse
etwas geringer, und die Fläche kommt aus ihrer Unterkorrektur in die best fit conic constant. Man muß nur den neuen
Abstand ebenfalls messen mit einer Genauigkeit von 0.1 mm, in diesem Fall wären das 2708.35 mm.
Unter diesem neuen Abstand von 2708.35 mm ergibt sich nun stattdessen eine konische Konstante von 0.985467, was
die tatsächliche Unterkorrektur dieses Spiegels ausmacht. Dort hätte der also seine beste Form.
Rechnet man diesen Abstand auf die ursprüngliche conische Konstante von -1 zurück, dann entsteht ein Strehl von
0.946 und dieser Wert harmoniert ziemlich gut mit dem in Autokollimation gemessenen Strehl von 0.934 und PV L/5
in der ZEMAX-Rechnung wäre dieser Wert bei L/7 PV
Die dritte Methode, sich den Spiegel genauer anzuschauen, wäre das RoC-Setup bzw. das Interferogramm im Krümmungs-
mittelpunkt. Und weil bei diesem Verfahren wieder andere Probleme entstehen, hat der begnadete Programmierer Massimo
Ricardi, Italy, ein Feature eingebaut, das über das aktuelle Interferogramm die Ideal Map drüber legt. Alles was nördlich
dieser roten Linie liegt, wäre glasmäßig noch abzutragen, der umkehrte Fall zeigt ein Zuviel an:
Der zweite GSO-Spiegel hat nämlich in der Mitte ein "Loch", besser eine Mulde. Und die läßt sich über die Ideal Map
klar diagnostizieren. Doch davon später.
Auch in diesem Fall kommt man bei einem bestimmten Umkreis in die best fit conic constant. Der Kreisdurchmesser wäre
nur um 2 Pixel größer. Daraus mag man erkennen, daß bei diesem Verfahren zwei Dinge wichtig sind:
- Randschärfe und tatsächlicher Kreis, also keine Ellipse, weder als Bild, noch als Um-"Ellipse", wie bei FringeXP
- exakte Position des Umkreises bzw. der genaue optisch wirksame Duchmesser der Fläche. Auch hier gibt es eine
Entsprechung zum mittleren Bild der ZEMAX-Rechnung
Jedenfalls, um das schon mal zu erwähnen, das Preis-Leistungsverhältnis dieses 16-Zöllers ist in Ordnung. Für die
Fotografie, taugt das allemal, und auch visuell wird man an diesem Spiegel seine Freude haben. Der Fangspiegel
wird ebenfalls einer kritischen Prüfungs unterzogen.
Würde man den 2. Spiegel (den ohne Spiegelzelle) nur gegen einen Planspiegel prüfen, bekäme man ähnliche
gute Ergebnisse, wieder mit dem Effekt, daß sich die leichte Unterkorrektur Strehl-mindernd auswirkt. In
diesem Fall sieht man das sehr gut über den Foucault-Test und noch besser ...
Beim Lyot-Test. Ebenso natürlich das Verfahren, wie bei GSO die Parabel retouchiert wird. Daran erkennt man immer
wieder die GSO Spiegel. Das Hauptproblem in diesem Fall ist die obstruierte Mitte ( wie übrigens durch den Fangspiegel
später im Tubus) man sieht also nicht, wie die opt. eigentlich unwichtige Mitte auf den Gesamtstrehl auswirkt.
Legte man also über den schwach unterkorrigierten Spiegel die Ideal Map, dann wäre auf jeden Fall die Unterkorrektur
gut zu erkennen.
Wie im Beispiel des ersten Spiegels sinkt in diesem Fall der Strehl auf etwa 0.94 ...
wobei die Ausschluß-Prüfung in RoC für Astigmatismus nahelegt, daß man ihn abziehen kann, weil wirklich nicht signifikant.
Bei RoC-Meßverfahren aus dem Krümmungsmittelpunkt hingegen taucht nun die Abweichung in der Mitte, durch die
Verlagerung der Streifen nach unten eindeutig auf, und man kann sich überlegen, welchen Einfluß dieser Fehler auf
den Gesamtstrehl hat.
Beim Test in Kompensation kann man den Test flächen-mäßig als nicht so gravierend einstufen.
und beim Foucault-Test - ebenfalls in Kompensation durch einen Solar Continuum Filter von Baader sieht man nun dieses
"Loch".
Überbrückt man diese flächenmäßig geringe Mulde, dann hätte man wieder einen ansprechenden Strehl. Das wäre die rote
Punktreihe.
Sein blaues Wunder erlebt man hingegen, wenn man brav die Störung in der Mitte nachzeichnet. Dann plötzlich landet man
bei einem Strehl von unter 0.80, dafür daß dieser Flächenteil eigentlich hinter der Bohrung des Kollimations-Spiegels nicht
zu erkennen ist, oder später hinter dem mindestens 77 mm kleine Achse Fangspiegel verschwindet.
Das ist der Stoff, aus dem die erbitterten Foren-Diskussionen gemacht sind. So ganz nebenbei erschien mir
dieser Spiegel nicht ganz so perfekt zu sein, wie die Nr. 1 im oberen Beitrag, auch hinsichtlich der Flächen-
Glätte.
In der Praxis hingegen wird auch der zweite GSO-Spiegel ähnlich gute Dienste leisten, da bin ich überzeugt.
Wie gesagt, für 1000.- Euro wird dieser Spiegel verkauft . . .