C029 20 Reginato Newton f4
Die Überraschung kam zuletzt
 
 Die großen Newton-Spiegel bekommt man in Europa kaum noch zu einem vernünftigen Preis 
 und der von Sternfreunden erwarteten Qualität. Auch wenn, wie in diesem Fall der 
 Spiegel mit ca. 4.000.- Euro bezahlt wurde, weil er eigentlich schon preisgünstig von 
 Reginato/Italien eingekauft worden ist mit gerade einmal einem ausgewiesenen PV-Wert 
 von Lambda/4 (vermutlich der Wellenfront), ist es immer besser, den Spiegel etwas ge-
 nauer zu untersuchen.
 
 
 Und nachdem wir ja äußerst agressiv-abgehobene Strehl-Diskussionen von mancher 
 Seite erleben, sollte man sich auf mehr, als nur den Strehlwert, den PV- und 
 RMS-Wert der Wellenfront kaprizieren. Diese umfassendere Sicht sollte eigentlich 
 vermittelbar sein.
 
 
 Rotations-Symmetrie
 
 Bei großen Spiegeln ist es dringend erforderlich, sich zunächst mit der Rotations-symmetrie 
 eingehend zu befassen. Warum? Weil sie spätestens im Interferogramm als Astigmatismus und 
 damit als Fehler ausgewiesen wird. Nun weiß man aber, daß allein durch senkrechte Lagerung 
 von großen Spiegeln, diese etwas in sich zusammenfallen können und damit einen tatsächlich
 nicht vorhandenen Astigmatismus vortäuschen. Je nach Temperatur-Verhältnissen bekommt man 
 über eine Meßstrecke von fünf Metern ebenfalls trotz "Einhausung" des Strahlenganges soviel 
 Luft-Turbulenzen in den Strahlengang, daß das Interferogramm ebenfalls astigmatische Figuren
 vortäuscht. Man prüft also am besten im Kürmmungsmittelpunkt (CoC) mit einem künstlichen 
 Stern extrafokal und natürlich mit einem Interferometer in einer Art Gegenkontrolle die tat-
 sächliche Situation. Wenn sich bei dieser Erst-Kontrolle kein signifikanter Astigmatismus 
 erkennen läßt, dann läßt sich später bei dem typischen CoC-Interferogramm das Streifenbild
 auch auswerten, unter Abzug der Coma ohnehin und natürlich eines mutmaßlich auftauchenden 
 Astigmatismus, der jedenfalls nicht zum Spiegel selbst gehört und nicht boshafterweise dazu-
 gerechnet werden, nur um dem Hersteller oder dann dem Prüfer am Zeug zu flicken, wie sich 
 einige Herrschaften glauben einen Sport draus machen zu müssen. 
 Conclusio: Die Rotations-Symmetrie passt!
 
 
 
 Die Parabel-Korrektur
 
 Die mindestens ebenso wichtige Frage ist nun, wie die Korrektur des Spiegels beschaffen ist. 
 Je nach Spiegel-Substrat hat man eine perfekt Korrektur oder eine hauchzarte Unterkorrektur 
 im Bereich von ca. L/4 der Wellenfront. In diesem Fall kann man den 50 cm Newton gegen zwei 
 versetzt aufgestellte hochgenaue Planspiegel prüfen, wie folgende Testbilder zeigen.
 
 
 
 Der Vorteil dieser Methode besteht darin, auch große Durchmesser bis zu einem Meter prüfen 
 zu können, während man die quantitative Messung entweder direkt im CoC macht oder in Kom-
 pensation durch eine Plankonvexlinse oder gegen eine Sphäre. Im zweiten Fall läßt sich aber 
 nur die Regelmäßigkeit der Fläche untersuchen, nicht die Korrektur der Parabel. Man erkennt 
 also links den Flächenteil, der vom zweiten Planspiegel stammt.
 
 
 
 Von besonderem Interesse war in diesem Falle auch die Rauhheit, die bereits beim Spalttest 
 in Autokollimation gegen einen 400-er Flat durch etwas Streulich zu erkennen war. Über den 
 Lyot-Test weiß man nun, warum dieser Spiegel etwas mehr Streulicht abliefert. Bei hohen Ver-
 größerungen könnte man es bemerken.
 
 
 
 Hier sieht man diesen Sachverhalt nochmals in der normalen Bildauflösung. Da muß also das 
 Tool ziemlich kleine Facetten gehabt haben, und die Retouche annähernd kreisförmig verlaufen 
 sein.
 
 
 
 Damit könnte man den Spiegel auch ohne quantitative Strehl-Aussage als gut und preiswert 
 einstufen, vermutlich wird ein späterer Praxis-Bericht dies auch bestätigen. Nun läßt sich 
 aber das CoC-Streifenbild mit FringeXP bequem auswerten unter Abzug der bereits genannten 
 Coma und Astigmatismus und bekommt einen recht ordentlichen Strehlwert. Damit wird auch 
 quantitativ die bereits qualitativ ermittelte Lage bestätigt: Hauptsächlich über die Parabel-
 korrektur und die Rotations-Prüfung selbst.
 
 einige Vergleichs Spiegel 
 
 Zuvor ein Beispiel, wie auch bei einem CoC-Streifenbild bereits auf Fehler des Spiegels ge-
 schlossen werden kann. Betrachtet man den Kurvenverauf des viert-folgenden Streifenbildes des
 Spiegels, dann hat diese "kurvenschar" einen typischen Verlauf hinsichtlich Maxima,
 Minimum in der Mitte und einen bestimmten, fließenden typische Kurvenverlauf. Dabei müssen
 die Maxima bei 0.707 des Durchmessers liegen und bei entsprechender Einstellung/Fokussierung
 Rand-Mitte-Rand auf einer Linie durch die Mitte liegen. Jede Störung dieses typischen Verlaufs
 zeigt zugleich den entsprechenden Fehler an:
 
 Bei diesem Vergleichs-Spiegel ist der Randverlauf der Kurven ist viel stärker gekrümmt und 
 zeigt damit eine stark abfallende Kante an, die Mitte ist zu hoch, und müßte weg-retouchiert 
 werden, man erkennt die deutliche Zone. Parallele Streifen, wie in bei einem Nulltest in 
 Autokollimation entstehen, sind leichter zu taxieren, besonders hinsichtlich Coma und Astig-
 matismus, aber es geht auch über CoC-Streifenbilder mit einiger Übung. Ganz schlecht sieht
 man Koma und Astigmatismus, letzteren über eine senkrechte Symmetrie-Achse.
 
 
 
 Bei den folgenden zwei Beispielen hatte der Spiegel die Form eines Mexikaner-Hutes, also einen
 kräftigen "Kegel" in der Mitte, was über das Interferogramm deutlich erkennbar ist. Je nach
 Öffnungs-Verhältnis sieht man, wie beim nächsten Beispiel, sogar die deutlich Unterkorrektur, 
 die bei diesem Hersteller beobachtet werden konnte. In dieser Hinsicht kann dieser Spiegel als
 gutes Beispiel für eine perfekte Parabel dargestellt werden. Bis f/5 funktioniert diese Art
 der Auswertung auch noch recht zuverlässig.
 
 
 
 
 
 Der untersuchte Newton 500/2500
 
 
 
 
 
 Und weil wie ein Waidmann auch, abschließend ein Bild von der Wildsau und dem Jäger "geschos-
 sen" wird nahm also mein guter Namens-Vetter Wolfgang Aufstellung neben seinem Spiegel. Und 
 damit beide richtig erleuchtet erscheinen, richtete ich einen 500-Watt-Strahler auf beide. 
 Und welche Überraschung wir da erlebten, läßt sich an den nächsten Bildern erkennen. Da hat 
 also einer, so meine Vermutung, den Spiegel nicht restlos auspoliert, bevor er mit der Para-
 bel begann. Zumindest habe ich ich ebenfalls einen 20 cm Kugelspiegel, der genau den glei-
 chen Effekt zeigt. Auch dieser Umstand sorgt für zusätzliches Streulicht, und jetzt kann man 
 philibustern, ob mehrheitlich die Art der Retouche oder die mangelde Auspoliererei die Ur-
 sache sei.
 
 
 
 
 In normaler Auflösung sieht es dann so aus.
 
 
 
 Was soll der arme Prüfer jetzt für einen Rat geben? Bezahlt ist der Spiegel nämlich bereits. 
 Wie kulant Hersteller reagiert, wissen wir noch nicht. Je nach Charakter würde so ein Sachver-
 halt von den Spezialisten jahrelang durch die Foren gezerrt, selbst wenn der gemeinte Einzel-
 fall einvernehmlich gelöst worden ist. Zumindest ist dieser Bericht ebenfalls ein Versuch, 
 eine einvernehmliche Lösung anzubahnen, schon weil es ja auch noch andere Hersteller gibt.

Hallo Seal,
 
 natürlich gibt es dazu ein Foucault-Bild. Und zwar eines gegen meinen 
 40 cm Kollimations-Planspiegel bzw. die ersten 40 cm dieses 500 mm
 Durchmesser Newton-Spiegels. Der dunkle Teil oben stammt von Luft-
 verwirbelung, obwohl ich versucht habe, mit Styropor-Platten den 
 Strahlengang "einzuhausen", wie man am Foucault-Bild sogar sieht.
 Interessant natürlich, um wieviel mehr der Lyot-Test die Rauhheit der
 Spiegelfläche zeigt.
 
 
 
 Man darf aber nicht glauben, daß man diesen Fehler auf dem Foucault-
 bild sehen würden. Man wird ihn auch nicht auf dem Lyot-Test-Bild sehen.
 Dort sieht man die Polierstriche, die über die Lokal-Retouche mit kleinen
 Facetten in die Fläche "gegraben" wurden, was die Rauhheit erhört.
 Erst am Spalt-test erkennt man einen ungewöhnlichen hohen Betrag an
 Streulicht, und dann fängt man an, nach den Ursachen zu suchen. Und
 die erkennt man an diesem Beispiel sehr deutlich.
 
 Nach Rücksprache mit einem englischen Spiegelhersteller bestätigt mir
 diese Firma folgende Vermutung:
 
 Der Spiegel wurde bei der Herstellung der Sphäre zunächst leider nicht
 ganz auspoliert, was man erst mit einer 500 Watt Lampe sehr gut sieht.
 
 Bei der Parabel wird in der Regel nur die Mitte und eventuell der Rand
 tiefer gelegt. Dadurch wird sowohl die Mitte, wie der Rand auspoliert,
 und die 0.707 Zone bleibt matt, weil man dort nicht retouchieren darf.
 Der Hersteller erklärt, es würde sich um einen Beschichtungs-Fehler handeln,
 was jedoch von der engl. Firma nicht bestätigt wird.
 
 Die Frage der Reklamation muß der Sternfreund entscheiden, jedenfalls
 liegt seitens vom Hersteller ein entsprechendes Angebot vor. Von der Parabel-
 korrektur wäre es ein super Spiegel. Mit diesem Fehler hat zunächst 
 keiner gerechnet. Wieviel Streulicht sowas am Himmel bringt, wissen wir
 ebenfalls noch nicht.

Muß noch ein paar Anmerkungen anfügen:
 
 Die beim Lyot-Test entdeckte Rauhheit wird vom Hersteller zugegeben:
 Die Firma verwende eine schnelle Technik der Parabolisierung. Das sieht
 man auch auf dem Lyot-Testbild.
 
 Nicht erklärt ist weiterhin die matte 70% Zone, die nur erkennbar wird,
 wenn man mit einer 500 Watt Lampe den Spiegel ausleuchtet - an der
 Sonne würde man das ebenfalls erkennen. Hinsichtlich der Rauhheit
 einige Webadressen:
Älterer 12.5" ICS Dobson
Der Dobs-Mount-Dobson
Die Orion Zwillinge - dem Barry gewidmet
Sechs Spiegel einer bekannten osteuropäischen Weltfirma hinsichtlich Rauhheit im Lyot-Test
 Nummer 5 ist mein eigener
 
 