B075 Zeiss AS 110-1650 RC_Index 2.4393 Jan 10
Zeiss AS 110 / 1650 - ein "schlechter" PolyStrehlWert ?
Der bisherige Besitzer lobt sein AS-Objektiv in den höchsten Tönen - die Meßergebnisse würden das auch bestätigen,
wenn, - ja wenn wir nicht diese überflüssige PolyStrehlWert-Diskussion hätten, und nun ist dieser AS nicht mehr so gut.
Wie gut, da müßten sich jetzt die "Experten" mal einig werden: In 6 Wellenlängen das "Pferd" aufzuzäumen, das geht
ohne Monochromator schon mal überhaupt nicht. Da wäre aber dann auch das Problem der Gewichtung, und das
Problem, wo man das Optimum ansetzt bei Tag- und bei Nacht-Sehen, und schließlich sollten da auch noch die Fertigungs-
Fehler drin sein - so entsteht jedenfalls ein Riesen-Durcheinander ohne Informations-Gewinn. Beim konkreten Test-
Programm hat man ja genügend Zeit zum Nachdenken - und genau Beides wäre dieser Diskussion zu wünschen.
Die Hauptfarbe nehme ich üblicherweise mit 546.1 nm wave an, die liegt bei 550 nm wave, und das wäre .pdf"]die Maximal-Empfind-
.pdf"]lichkeit unserer Augen bei Tag-Sehen und diese Spektral-Linie wird auch bei den Optik-Designern als Hauptfarbe bezeichnet.
Auf diese Farbe würde also ein Durchschnitts-Astronom fokussieren - am Tag, in der Nacht wären das 510 nm wave - so sagt
es wenigstens die Literatur. Das Optimum dieses Zeiss-AS-Objektiv liegt zwar bei 587.6 nm wave, so sagt es mein geeichter
Interferenz-Filter, und so sagt es die Auswertung des dazu passenden Interferogrammes. Soll heißen, bei 546.1 nm wave wäre
dieses Objektiv bereits hauchzart überkorrigiert. Grün und Gelb fallen in einer Schnittweite bis auf wenige Mikron zusammen,
siehe unterste Übersicht, wir wollen es nicht übertreiben.
Das AS-Objektiv reicht in der Systematik sehr nahe an einen Halb-APO heran, und viele ED-Objektive haben ähnliche RC_Werte,
und weitere Gemeinsamkeiten, die man u.a. sehr gut auch über Foucault und Sterntest zeigen kann. Einzig das kleine Öffnungs-
Verhältnis mit f/15 und einer sehr langen Schärfen-Tiefe von 0.2457, in dessen Bereich bestimmte Fehler nicht mehr wahr-
nehmbar sind.
Grün und Gelb fallen also in einem Fokus zusammen und sind dort nahezu perfekt, wenn man einen Strehl von 0.982 bzw. 0.996
überhaupt perfekt bezeichnen darf. Wie perfekt die Wellenfront tatsächlich ist, zeigt die 3D-Darstellung und die Energie-Verteilungs-
Funktion Point Spread Function genannt. So sollte nun dieses System in allen anderen Spektren sein - nur leider hätten wir bei
510 nm wave bereits eine andere Situation, da wäre der Strehl (gelbe Schrift) jetzt nur noch 0.598.
Da wir auf Grün = 546.1 nm wave fokussiert haben, wäre die Schnittweiten-Differenz zum 510 nm Grün bereits 0.307 mm, also
einfach nur defokussiert, und das senkt den Strehlwert gnadenlos auf 0.598, also schon nicht mehr beugungs-begrenzt. Die
Wellenfront-3D-Darstellung zeigt also nur die Schnittweiten-Differenz in Form der Power, einen Gaußfehler hätten wir noch nicht.
(Der spielt bei den AS-Objektiven nahezu keine Rolle.) Das Dilemma mit dem Farblängsfehler vergrößert sich bei Rot und einem
Strehl von 0.564 um bei Blau wegen der größten Abweichung von Grün auf einen Strehl von 0.100 zu sinken.
Bei den Strehlangaben mit weißer Schrift wurde die Power deaktiviert und damit der Farblängsfehler herausgerechnet.
Tatsächlich gelten die gelben Werte, bei denen jedoch Koma und Astigmatismus als Fertigungs-Fehler herausgerechnet
wurden, sonst läßt sich das Objektiv überhaupt nicht vernünftig mit anderen vergleichen.
Bei Blau und nochmehr bei violett (g-Linie 435.8 nm wave und 2,640 mm von Grün entfernt) verschwindet die Energie restlos
in den Beugungsringen, im tiefen Rot würde man einen ähnlichen Effekt erwarten. Und so würde dieses wunderbare AS-Objektiv,
wenn man die fünf gelben Strehlwerte arithmetisch mittelt bei 0.649 landen. Eine mögliche Gewichtung noch nicht berücksichtigt -
aber auch da müßte man sich festlegen, welche Maximal-Empfindlichkeit (Tag- Nacht-Sehen) man als Hauptfarbe ansetzen will.
Wer dies für die Meß-Praxis umsetzen will, sollte sehr, sehr gründlich vorgehen!
Über die Schnittweiten-Differenz - Gelb-Grün bei derselben Schnittweite - Rot und noch mehr Blau sehr weit dahinter - ergibt sich
aus geometrischen Gründen intrafokal der Blausaum beim Sterntest und extrafokal dann der Gelbsaum. Vergleicht man das intra-
fokale Sternscheibchen links mit dem Foucault-Bild, dann würde man bereits beim Sterntest die feinen Zonenfehler erkennen.
Optisch jedoch unbedeutend! Die Vergrößerung beim Artificial Sky-Test wären 825-fach. Trotzdem kann man aus diesem Bild
die Auflösung rechnerisch ermitteln und bekommt einen ähnlichen Wert, wie über die bekannte Formel.
Wie gering der Gaußfehler sein muß sieht man an den parallelen Streifen der Ronchi-Bilder in allen Farben. Hier ist also der Gauß-
fehler unbedeutend im Vergleich zum Farblängsfehler, und genau aus diesem Grund braucht man die PolyStrehlWert-Idee überhaupt
nicht. Jetzt verlieren die imaginären Kurven völlig an Aussagekraft.
Nun mag es viele Gründe für die leichte Überkorrektur bei Grün geben, die einfachste Erklärung ist die, daß über die Jahre sich oft
die Distanz-Plättchen verdichten, demzufolge der Linsenabstand um 1-3 Mikron dünner wird und sich somit das Optimum, wenn es
denn bei 546.1 nm wave war, nach Gelb verschoben hat. Sollte man tunlichst so lassen !
Bei dieser Wellenlänge wäre nun die reale Wellenfront-Deformation im folgenden Bild zu sehen.
. . . und es käme mit allen Fehlern der unverschämte Wert von 0.996 heraus. (Den anzuzweifeln man die Spezialisten bemühen muß)
Hier nochmals die Übersicht der Einzel-Ergebnisse zu den jeweiligen Spektral-Linien.
Vielleicht kriegen wir ja den Vorbesitzer zu einem Statement aus der Praxis.