B098 Utzschneider&Fraunhofer 42x30 Handfernrohr historische Teleskope
Fraunhofer und PolyStrehl http://www.musoptin.com/fraunhofer_teleskop.html
 
 Das kleine Fernrohr könnte knapp 200 Jahre auf dem Buckel haben. Also durchaus reizvoll, dem damaligen Werkmeister Fraunhofer in
 Bendiktbeuern ein paar fiktive Fragen zu stellen:
 
 AF: Herr Fraunhofer, was fällt Ihnen zum Polychromatischen Strehl ein?
 
 Fraunhofer: Meine Fernrohre sind zum Durchschauen, nicht zum Anschauen.
 
 AF: Herr Fraunhofer, Sie nehmen uns offenbar nicht ernst.
 
 Fraunhofer: Ich kenne keinen Strehl, aber ich weiß, wie gut die Abbildung meiner Fernrohre ist. Dieses kleine Teleskop, was Sie gerade in 
 Händen halten, liefert am Mond sehr farbreine und scharfe Bilder ab. Das sollte doch eigentlich genügen.
 
 In der Tat kann man mit diesem Fernrohr respektable Beobachtung am Mond machen und es fällt auf, wie farbrein die Abbildung ist. Zur damaligen
 Zeit war Strehl noch gar nicht geboren (1864 - 1940) während Fraunhofer von 1787 bis 1826 lebte. Die damaligen Fernrohre waren weltweit als
 einzigartig berühmt. 
 Vor dem Hintergrund temporärer und ziemlich selektiver PolyStrehl-Diskussionen ist es weitaus interessanter, wie sich ein solches historisches
 Fernrohr auf der optischen Dank benimmt. Den Tauglichkeits- bzw. Praxis-Test hat dieses Fernrohr längst abgeliefert. Aber als Vergleichsmaßstab
 für heutige Ansprüche - in der Regel bleiben es Ansprüche - ist es ein gutes Lehrbeispiel. Das Grundprinzip wäre ein Kepler-Fernrohr mit einem
 Linsen-Umkehrsystem zwischen Objektiv und Okular. Mit dem Okular bildet es eine optische Einheit, weswegen man auch schlecht das Okular
 einfach nur herausnehmen und gegen andere tauschen könnte.
 
 
 
 Also bleibt nur übrig, das Fernrohr gegen einen Stern im Unendlichen zu richten und das zu fotografieren. Aha - ein dreieckiger Astigmatismus wäre im
 Spiel. Ob der beim Verkitten des Achromaten entstanden ist oder durch Einflüsse auf die Fassung, kann nicht mehr geklärt werden. Das Ronchi-Bild,
 ebenfalls im Unendlichen erstellt, zeigt ein leicht überkorrigietes System.
 
 
 
 In welcher Qualität der vordere Zweilinser ist, hat mich als nächstes interessiert. Damit lassen sich aber keine Aussagen zum Gesamt-System
 machen. Man betrachtet tatsächlich nur die Qualität dieses kleinen Achromaten, aber auch das ist interessant genug. Der eingangs festgestellte
 dreieckige Astigmatismus entstammt tatsächlich dem vorderen Objektiv. Das fokussierte mittlere Bild zeigt die Orginal-Auflösung kur vor dem Fokus.
 Dieser Hauptfehler beeinflußt auch den Foucault-Test, den Ronchitest und das farbige Weißlichtinterferogramm. Für eine PolyStrehl-Diskussion
 wäre dieses Objektiv denkbar ungeeignet. Ungeeignet auch deswegen, weil alle Fehler bereits mit einem Interferogramm in einer wellenlänge
 erschöpfend dargestellt werden kann und der PolyStrehl keinerlei weitergehende Information bereithält. 
 
 
 
 Es sind mehrere Fehler, die sich strehl-mindernd bemerkbar machen: Zunächst liegt über dem System die bereits erwähnte Überkorrektur, jedoch eher
 gering mit max. L/8 der Wellenfront. Sehr viel deutlicher wäre der dreieckige Astigmatismus zu beobachten. Der zieht den Strehl um ca. 30% 
 Strehlpunkte nach unten, also sehr viel deutlicher in seinen Auswirkungen. Wie farbrein ein derartiges Objektiv ist im Vergleich zu heutigen Ansprüchen,
 wäre als nächstes zu klären. Dieser Achromat hätte eine f/13 Öffnung, liegt also im Bereich früherer Fernrohre: f/15 - f/25. Rot und Gelb liegt vor Grün
 und Blau bildet die letzte Farbschnittweite.
 
 
 
 Und nimmt man die mechanisch gemessenen Farbschnittweiten als Maßstab, dann wäre das fast ein Halb-APO und durchaus vergleichbar mit einem
 ED-APO hinsichtlich des Farblängsfehlers. Zumindest die Farbreinheit am Mond würde diese Auffassung stützen und die eingangs gezeigten "Stern-
 Bilder" im Unendlichen ebenfalls. Über die Power die Schnittweiten Abstände gerechnet ergibt zumindest die Bestätigung, daß Rot und Gelb dicht
 beieinander liegen und Blau etwas weiter hinten. Lediglich die Ergebnisse differieren. Dazu muß man aber sagen, daß die Vermessung umso schieriger
 wird, je mehr Koma, Überkorrektur und Astigmatismus die geraden Streifen in der Mitte überlagern. Übrigens muß man hier den fertigungsfehler
 bereinigten Power-Wert einsetzen, um zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen.
 
 
 
 Die folgende Übersicht zeigt den Anteil der jeweiligen Fehler an der strehlvermindernden Wirkung. Die Werte entstehen unter der Annahme, daß
 nur immer einer der genannten Fehler den Strehl drückt. Also Astigmatismus zuerst, gefolgt von Überkorrektur, gefolgt von Achskoma.
 
 
 
 Nachdem hier http://www.astro-foren.de/showthread.php? p=43542#post43542 die PolyStrehl-Diskussion geführt wird, bitte ich darum,
 diesen Bericht mit dieser Thematik zu verschonen. Sonst würde ich gezwungen sein, diesen Bericht gleich wieder schließen zu müssen.
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Hallo Chris, und alle übrigen Beiträger,
 
 Mit ein bißchen Zeit des Nachdenkens kommt man hinter das System und die Mechanik ebenfalls. Zuerst aber der optische Aufbau, die Abstände habe
 ich bisher nicht ausgemessen und die Daten für einen ZEMAX-Durchlauf ebenfalls noch nicht. Da wären jetzt zur Abwechlung mal die Optik-Rechner
 hilfreich, falls die über ihren Schatten springen. Die Abstände der Linsen sind auf 1 mm genau, die Linsendicken auf 0.1 mm, die Radien im Bereich von 1 mm genau und der jeweilige Fokus in etwa auch. Die Glassorten wären noch zu ermitteln.
 
 
 
 Nach den üblichen Regeln kommt, entsprechend unserer abendländischen Konvention, das Licht von links (so schreiben wir auch), und passiert die
 1.Linse des Umkehrsystems. Zwischen beiden Linsen ist eine Feldblende: Somit ist dort der Primär-Fokus. Dabei ist die Brechkraft der 1. Linse stärker
 als die der zweiten. Richtig ausgemessen habe ich das noch nicht. Im entsprechenden Abstand ist das Huygens-Okular angeordnet mit wiederum
 zwei Plankonvex-Linsen, deren erste eine schwächere Brechkraft hat als die zweite. Besonders schön ist der enorme Augenabstand zum Fernrohr,
 man klebt also nicht am Okular.
 Habe einen Achromaten gefunden mit 40/600 und mit dem bisherigen ausgetauscht. Nun reicht die Länge des Messing-Tubus nicht mehr, aber das
 Bild ist mindestens gleich-scharf. Im Vergleich mit einem 15 x 70 Bino dürfte die Vergrößerungsleistung des ursprünglichen Systems bei ca. 30-fach 
 liegen. Auffällig ist die enorme Farbreinheit dieses Systems. Ich werde versuchen mit dem anderen Achromaten mal Sternscheibchen zu fotografieren.
 Am Farbsaum müßte man ja dann Vergleiche ziehen können.
 
 Falls mich jemand beim Optik-Rechnen unterstützen will, ist er dazu eingeladen. Oslo oder ZEMAX hatte Joseph von Fraunhofer jedenfalls noch nicht.
 
 @Heinz: Isses die Paris Hilton?
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