B040 Patient Genesis 100-540 - Bearbeitung von Herstellungs-Mängel
Patient Genesis - Bearbeitung von Herstellungs-Mängel
siehe auch Genesis Tele Vue Fluorite 100/500 Petzval-System RC_Index: 4.3218
Angelaufen, innen verwittert, schon mal gereinigt, Mängel in der Herstellung - dieser kleiner 100/540 Petzval-Refraktor
hatte so ziemlich alles im Angebot, was man sich wünscht, um seine Freizeit sinnvoll zu verbringen. Zuerst galt es die
Spuren vorheriger Reinigungs-Versuche zu minimieren. Ein dunkelbrauner Belag auf der Linsen-Rückseite wartet
immer noch auf eine Erklärung zumal sich dorthin seit der Fertigung keiner mehr verirrt hatte. Und weil sich im ersten
Anlauf kein befriedigendes Ergebnis einstellen wollte, wurde dieses fotografische Teleskop schrittweise zerlegt.
Dabei lassen sich die Hersteller jenseits des großen Teichs immer seltsame Zentrier-Möglichkeiten einfallen. Das vordere Linsen-
Paar kann man nur über die Verkippung der Objektiv-Fassung zentrieren. Die dazu nötigen Schrauben sind sicherheitshalber
verklebt. Also muß man das KlebeHarz erst entfernen, bevor man zu diesem Teil vorstößt. Hinterher läßt sich die Justage des
vorderen Doublets nur mit gezielten Schlägen eines Holzhammers verwirklichen - mit genau berechneter Wucht.
Ein weiteres Highlight ist der Umstand, daß dieser Distanzring in der Dicke um 0.05 mm variiert, was bei Linsen bereits zu einem
deutlich sichtbaren Zentrierfehler führt. Abdrehen wäre zu brachial. Also bleibt nur die Lösung, die entsprechende Stelle vor-
sichtig auf das Nennmaß abzuschleifen, bis der Mikrometer damit zufrieden ist. Die Rückseite der Konkav-Linse war übel
zugerichtet. Ganz ließen sich die Spuren jedoch nicht beseitigen. Jedenfalls baut man diese Einheit mehrmals zusammen,
unter Verdrehung von Linse und DistanzRing, bis man die Ursache für den Zentrierfehler exakt gefunden hat.
Aus einem VW wird man keinen Mercedes machen können, weshalb man die schadhafte Stelle auch im Sterntest gut sieht.
Dem farbigen Rand nach zu urteilen, haben wir es mit einem gutes FH-System zu tun in der Art von
Genesis Tele Vue Fluorite 100/500 Petzval-System RC_Index: 4.3218 Es könnte sich um ein Vorläufer-System wegen
der etwas längeren Brennweite handeln.
Bei exakter Fokussierung erkennt man den Rest-Astigmatismus von ca. 10% Strehlpunkte, der aber auch bei visueller Benutzung
nicht ins Gewicht fällt. Über die "richtige" Fokussierung läßt sich das Bild fast korrigieren, außer daß die Scheibchen leicht
oval geworden sind bei ansonsten sehr hoher Definition meines künstlichen Sternhimmels und der engen Dreier-Grußße mit
10µ und 8µ .
Der Flächenanteil der "Mulde" könnte eher bei Ein-Promille liegen, als daß er optisch einen Einfluß hätte. Jedenfalls zeigt der
Ronchi-Test eine gute allgemeine sphärische Korrektur und damit vergleichbar mit dem Gerät des anderen Berichtes. Die
Farbsituation könnte sogar besser sein, vergleicht man die Ergebnisse des Sterntestes.
Zur besseren Demonstration, was man aus dem aktuellen Teleskop noch herausholen kann: Vergleichbar sind in erster Linie
als Restfehler: Astigmatismus und Koma/Zentriefehler. Astigmatismus erkennt man links über die ansteigenden Streifenabstände
von unten nach oben, beim rechten IGramm deutlich dezimiert. Coma läßt sich etwas schlechter vergleichen, weil sie links
waagrecht liegt und deshalb die Streifen "S"-förmig überlagert, rechts dagegen liegt die Coma senkrecht, und das führt zu
einer bauchigen Verformung der Streifen.
Ein hoher Anteil an Astigmatismus drückt vor der Optimierung den Strehl um fast 30%-Punkte vom Strehl. Die Koma bzw. der
Zentrierfehler wäre mit ca. 14% Punkten beteiligt. Astigmatismus ist häufig ein Problem der Fassung, also Druck der auf die
Linsen wirkt, während Coma mit der Zentrierung der Linsen zu tun hat.
Um ganze 23.7% Punkte Strehl läßt sich in diesem Fall das System korrigieren, wobei ein Teil eindeutig zu Lasten von Fertigungs-
Toleranzen geht und unsachgemäßen Justage-Möglichkeiten. Takahashi baut ja auch derartige Systeme, allerdings mit weitaus
mehr technischem Sachverstand.
Am Himmel muß dieser kleine Refraktor jetzt seine Eignung unter Beweis stellen - vermutlich um einiges besser als vorher.
Kommentare
Hier die schon vermisste Erfahrung von Herrn F.H.:
"Nachdem Herr Rohr das Gerät gereinigt und justiert hat, lag es erst einmal sehr lange Zeit bei mir herrum. Zeitmangel. Im Februar hatte ich dann die Gelegenheit erstmalig den Mond und Mars zu beobachten. Der Mond sieht einfach nur genial aus und vermittelt das Gefühl von 3D, alles ohne Farbe - einfach klasse. Mars ist mit seinen Polkappen und Struckturen deutlich zu erkennen, eingesetztes Okular Telev.Zoom 2-4, einfach alles in allem ein Genuss."
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